Terry Reid und die Jaywalkers
Terry Reid war wohl einer der erfolglosesten
Superstars in der Rockgeschichte. Kein Hit in den Charts, mehr als Rang
147 in den USA war nie drin und dennoch hoch geachtet vom Publikum und
von seinen Kollegen. Welcher Rocksänger würde schon Angebote von Led
Zeppelin oder Deep Purple ablehnen? Terry Reid tat es ganz locker.
Was ihm nicht gefiel, das tat er auch nicht. Nur wenige Konzerte und nur
sechs Platten in 23 Jahren zeugen von Sturheit oder Faulheit. Terry Reid
wird verglichen mit Van Morrisson und Tim Buckley und einer seiner
großen Fans ist Graham Nash.
Singen war für Terry Reid bereits in der Kindheit ein Vergnügen und
mit 12 Jahren trat er der Schulband "The Redbeats" bei. Seine
Mitspieler waren so um die fünf Jahre älter, aber Terry Reid gab den Ton
an. Die Mitspieler akzeptierten es.
Peter Jay, Drummer und Leader der Jaywalkers, wurde auf Terry Reid
aufmerksam. Peter Jay war ein Profimusiker, der mit "Can Can 62" einen
Hit hatte, im gleichen Stil wie die Hits der Shadows.
1965 war die Zeit des Merseybeats und der Gitarrenrock bekam eine Prise
Soul und Blues. Die soulige Stimme von Terry Reid war das, was die
Jaywalkers brauchten. Das größte Vorbild von Reid war übrigens Otis
Redding. Im Alter von sechzehn Jahren ging Reid mit den Jaywalkers auf
eine vierzehn Tage dauernde Tour durch GB. Mit auf Tour waren Ike & Tina
Turner und die Rolling Stones. Für Reid muss es die Hölle gewesen sein.
Er wollte seine Ruhe haben und die kreischenden Mädchen verfolgten ihn.
Alle waren neidisch , aber Reid hatte einfach nur Panik vor dieser Art
Rummel.
Auf der Tour wurde der EMI Produzent John Burgess auf die Jaywalkers und
Reid aufmerksam. Sie wurden in ein Studio gebracht, um zwei Songs
aufzunehmen. Die Jaywalkers hörten sich im Schallplattenladen ihrer Wahl
stundenlang die neuesten Rhythm 'n' Blues Hits an. Einmal wurde es den
Verkäufern zu bunt und sie wollten sie rauswerfen, wenn sie nicht
endlich auch eine Platte kaufen würden.
Zufällig handelte es sich bei der gerade gehörten Platte um "Funny Haow
Time Slips Away" in einer Version von Joe Hinton. Es war der erste Song,
den Terry Reid aufnahm.
Terry Reid Fantasia und Mickie Most
Burgess war wohl nicht sehr zufrieden und später
wurden die Songs noch einmal aufgenommen. Die Plattenfirma versprach
sich viel von den Aufnahmen, aber die Single hatte keinen Erfolg. Die
Jaywalkers bekamen keine neue Chance.
Terry Reid wollte rockiger werden und verließ Peter Jay und dessen
Jaywalkers Ende 1967. Es schwebte ihm eine eigene Band im Stil von Cream
oder der Jimi Hendrix Experience vor. Die Terry Reid Group oder Terry
Reid Fantasia wurde gegründet.
Mit Eric Leese an den Tasten, Keith Webb am Schlagzeug und Terry Reid
Gitarre und Gesang ging es in die Clubs.
Graham Nash war ein Freund von Reid und vermittelte ihn an Mickie Most.
Most erkannte das Potential und schloss sofort einen exklusiven Vertrag
mit Reid ab, der über fünf Jahre und fünf Soloalben lief.
Most wollte ein Ballade von Reid aufgenommen haben gegen dessen Willen.
"Better By Far" wurde die A-Seite und die Eigenkomposition "Fires Alive"
die B-Seite. Die Ballade wurde nicht gekauft.
Im Sommer 1968 wurde das erste Album aufgenommen. Eric Leese war
inzwischen durch Bill Bonham ersetzt. "Bang , Bang You're Terry Reid"
erschien im Dezember 1968 in den USA im Handel. In GB wurde es aus
unerfindlichen Gründen nicht veröffentlicht. Die Platte gefiel Reid
nicht, ein zu großes Durcheinander der Stile.
Terry Reid, Jimi Hendrix und Cream
Donovan stand ebenfalls bei Mickie Most unter
Vertrag. Al Kooper brachte auf seiner "Super Session" den Donovan Song "Season
Of The Witch" heraus. Ebenso wie Brian Auger und Julie Driscoll durfte
sich auch Terry Reid daran versuchen. Auf einer Tour mit
Cream machte
sich Terry Reid seine Gedanken und kam zur Überzeugung, sein Blues war
nicht der eines Eric Claptons. Er sah die Musik nüchterner und nicht so
verbissen. Die Terry Reid Band kam auf der USA Tournee zusammen mit
Größen wie Jimi Hendrix und Country Joe & The Fish. Es kam sogar zu
einem Auftritt beim Miami Pop Festival. Kurz vor Ende der Tour musste
der Keyboarder Bill Bonham ersetzt werden.
Gefragt wurden Brian Auger und Rod Argent. Beide hatten Verpflichtungen
und sagten ab. Der Keyboarder von
Chris Farlowe, Pete Solley, sagte
schließlich zu und brachte die Tour zum Abschluss.
John Paul Jones und Jimmy Page planten, eine neue Band zu gründen. Beide
waren feste Studiomusiker von Mickie Most. Jimmy Page plante als
Leadsänger Terry Reid ein, aber Reid hatte noch zwei USA Tourneen
gebucht und konnte nicht sofort einspringen.
Reid hatte eine Gig in Buxton, als er zwei alte Bekannte traf. Es waren
John Bonham und Robert Plant.
Er rief am nächsten Morgen Jimmy Page an und empfahl sie für die
geplante Band. Jimmy Page und Peter Grant hörten auf die Empfehlung und
der Rest ist Led Zeppelin Geschichte.
Im Frühjahr 1969 nahm Reid zwischen verschiedenen Gigs in den USA und
Großbritannien sein zweites Album auf. "Terry Reid" hieß es in GB und "Move
Over For Terry Reid" in den USA. Sein Geld verdiente Reid mit den
Auftritten seiner Band.
Terry Reid und Groupies von Jenny Fabian
Gemeinsam mit Scott Walker und Jethro Tull tourt Reid
durch GB und mit
Ten Years After durch die USA. Auf dieser Tour wurde er
bei den Aufnahmen zum Skandalfilm "Groupies" von Jenny Fabian morgens
beim Öffnen seine Hotelzimmertür mit einem Groupie erwischt. Hier teilte
er das Schiksal mit Roger Chapman und der
Family.
Als Reid von einem Gig in St.Tropez zurück kam, hielt ihm Mickie Most
das abgemischte neue Album vor die Nase. Es entsprach nicht dem, was
Reid haben wollte. Reid wollte einen ähnlichen Sound wie
Traffic, aber
es klang absolut nicht nach Traffic.
Reid war sauer und kündigte den Vertrag über die fünf Alben. Most
bestand auf Erfüllung und die nächsten drei Jahre durfte Reid in kein
Plattenstudio zu Aufnahmen. Die Band brach auseinander und Keith Webb
und Pete Solley gründeten "Paladin". Terry Reid und David Lindley
planten in den Staaten eine Band mit Alan White zu gründen, aber Most
pochte auf seinen Vertrag: Gigs ja, Studio nein.
Reid nahm die amerikanische Staatsbürgerschaft an und hätte wieder
Platten aufnehmen können.
Unter dem Einfluss von Most lehnten die Plattenfirmen jede
Zusammenarbeit mit Reid ab. Schließlich wandte sich Ahmet Ertegun 1973
an Most und bat ihn, Reid endlich in Ruhe zu lassen. Mit David Lindley
und Alan White trat Reid erstmals beim Isle Of Wight Festival auf.
Andere Gigs folgten in den nächsten Jahren.
Das alles ist im Begleittext zu "Super Lungs", The Complete Studio
Recordings 1966-1969" zu lesen, hier als grobe Zusammenfassung.
Terry Reid und Graham Nash
1973 erschien das dritte Album "River". Terry Reid
konnte endlich das tun, was ihm Mickie Most Jahre verbot. Mit auf der
Platte sind zu hören David Lindley, Leo Miles und Conrad Isidore. Obwohl
es von allen Kritikern hoch gelobt wurde, fand es kaum Käufer. Der Name
Terry Reid war in Vergessenheit geraten.
Reid half in den nächsten Jahren Leuten wie Bonnie Raitt, Jackson Browne
und Hoyt Axton im Studio.
1976 folgte ein Country Album mit Graham Nash als Produzenten. Graham
Nash machte es Mickie Most nach und bestimmte allein die Richtung des
Albums. Auch dieses Werk floppte. Rogue Waves erschien 1978 und war
wieder ein Rockalbum. Produziert wurde es von Chris Kimsey.
1979 trat Reid nach langer Pause wieder in Großbritannien auf. Das
Publikum und die Kritiker waren begeistert, dennoch verabschiedete sich
Reid für die nächsten zehn Jahre aus dem Musikgeschäft und blieb zu
Hause im Laurel Canyon.
Anfang der 90er Jahre versammelte Reid alte Freunde im Studio: Joe
Walsh, Hower Jones, Brett Tuggle, Enya, Timothy B. Schmit und Stewart
Copeland. Das Ergebnis war "The Driver", ein solides Rockalbum.
2004 erschien ein 1994 aufgenommenes Live Album. Hier zeigt Terry Reid
noch einmal sein ganzes Können. Es bleibt ihm zu wünschen, dass dieses
Album endlich Käufer findet. Terry Reid hatte unverdientes Pech mit
seinen Platten und der Bevormundung und anschleißendem Krieg mit Mickie
Most. Seine Stimme gehört zum Besten was die Rockgeschichte zu bieten
hat.
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