The Archies

The Archies waren eine fiktive Band die der Produzent Donald Kirshner 1968 lancierte. Als seinem Paradepferd The Monkees die Luft ausging wegen diverser Streitigkeiten untereinander, startete er bewusst ein virtuelles Projekt das auf der Comic-Figur Archie von John L. Goldwater basierte. Archie Andrews und seine Freunde waren da eigentlich schon recht lange auf der Szene, die jugendliche Clique geisterte seit den 1940ern durch die Comicwelt, Kirshner verpasste ihnen ganz einfach den dramaturgischen Rahmen einer Popgruppe.

Der Vorteil lag klar auf der Hand, Kirshner musste sich nicht mehr wie bei den Monkees (vermutlich weltweit die erste „gecastete“ Band) mit persönlichen Befindlichkeiten und Emanzipationskram herumschlagen. Schwierig war auch, dass einige Mitglieder der Monkees die ihnen zugewiesenen Instrumente nur mangelhaft beherrschten, sie wurden im Studio deshalb normalerweise von Sessionmusikern vertreten. Einer der bekanntesten dürfte der Gitarrist Gerry McGee sein, er hatte schon mit Elvis Presley gearbeitet und wurde nach den Monkees Gitarrist bei den Ventures.

Die involvierten Musiker hinter den Archies waren Profis die auf Honorarbasis engagiert wurden um die oft vom Songwriterduo Jeff Barry und Andy Kim verfassten Songs musikalisch umzusetzen. Der Bassist Chuck Rainey liebte diesen „Job“, er hatte ein regelmässiges Einkommen, konnte zu „Bürozeiten“ arbeiten und brauchte nicht auf Tour zu gehen. Die Songs tauchten parallel zu den produzierten Tonträgern in der CBS-Cartoon-TV-Cartoon-Serie The Archies Show auf, anstelle von Auftritten und Tourneen übernahm das Medium Fernsehen die Promotion-Funktion, insofern die gleiche Schiene die schon bei den Monkees funktioniert hatte.

Der mässige Erfolg der ersten LP und sämtlicher Singles von 1968 liess Kirshner zunächst nichts Gutes erahnen, die Verkäufe gingen schleppend vonstatten, selbst der Ohrwurm „Sugar, Sugar“ blieb unbemerkt. Das änderte sich erst als Mitte 1969 die kalifornische Radiostation KYA die Nummer in Zusammenhang mit entsprechenden Drogen brachte und in der Hot Rotation spielte. „Sugar, Sugar“ brachte den Knoten zum Platzen, der Titel verkaufte sich plötzlich millionenfach und erreichte weltweit Spitzenplätze in den Charts.

 

Die Comic-Archies:
Archie Andrews – Vocals, Guitar
Reggie Mantle – Bass, Vocals
Jughead Jones – Drums
Betty Cooper – Percussion, Vocals
Veronica Lodge – Keyboards, Vocals

Die Studio-Archies:
Ron Dante – Vocals
Toni Wine – Vocals (sie sang auf „Sugar, Sugar“, stieg danach aus)
Donna Marie – Vocals (Nachfolgerin von Toni Wine)
Merle Miller – Vocals (die dritte und letzte Shouterin)
Hugh McCracken – Guitar
Kerry Swelah – Guitar
Chuck Rainey – Bass
Joey Macho – Bass
Ron Frangipane – Keboards
Buddy Saltzman – Drums
Gary Chester – Drums

Der Grossteil der Songs die zwischen 1968 und 1971 in New York im RCA Studio A entstanden waren leichtgewichtiger, tanzbarer Pop im zwei bis drei Minuten-Format den man problemlos in der Ecke Easy Listening / Sunshine Pop parkieren kann. Die Texte hatten normalerweise nicht allzu viel Tiefgang, drehten sich meist um Teenager-Thematik, Liebe, Party, Freizeit. Manchmal kam aber richtig starker Wellengang auf, zum Beispiel beim klasse R&B-Stampfer „Don’t Touch My Guitar“ von der LP Everything’s Archie von 1969. Dagegen ist die Nummer „A Summer Prayer For Peace“ vom Album Sunshine (1970) ziemlich weinerlich ausgefallen, ich bezweifle, dass der Song irgendetwas bewirkt hat, die Kriege der Welt gingen in gleichem Masse weiter. Anfang 70er ging den Archies mangels Erfolg allmählich die Puste aus, der übermächtige Smashhit „Sugar, Sugar“ sollte trotzdem noch jahrelang die Jukeboxes rund um den Globus bevölkern. Das Konzept der aus virtuellen Comicfiguren bestehenden Band griff Damon Albarn 2001 mit seinen Gorillaz wieder auf.


(Ron Dante)                                    (Chuck Rainey)

 
(Toni Wine)

Ron Dante war auch Sänger bei The Cuff Links, nach den Archies produzierte er Barry Manilow, und sang auch auf dem Hit „Mandy“.

Toni Wine heiratete den Produzenten Chips Moman. Sie war nicht nur Sängerin sondern auch erfolgreiche Songwriterin, für The Mindbenders hatte sie „A Groovy Kind Of Love“ geschrieben, Tony Orlando And Dawn landeten mit ihrem „Candida“ einen Grosserfolg. Mindestens 30 Jahre lang beschallte Toni Wine (zusammen mit Linda November) mit dem „Meow, Meow, Meow, Meow“-Commercial von Meow Mix Cat Food US-amerikanische Stuben.

Merle Miller arbeitete vor allem Backgroundsängerin, in Diensten von Bette Midler war sie Teil des Gesangstrios The Harlettes.

Don Kirshner produzierte nach den Archies unter anderem Neil Sedaka und Ende Siebziger Sarah Dash von LaBelle.

Auf wie vielen Produktionen Chuck Rainey bis heute die tiefen Töne beisteuerte lässt sich nicht genau eruieren, es sind bestimmt hunderte, vielleicht auch tausende.

Von den Archies existieren unzählige Compilations, ich persönlich würde die 5CD-Box The Archies – Sugar, Sugar – The Complete Albums Collection (2016) von Goldenlane Records empfehlen. Minimalisten reicht dagegen „Sugar, Sugar“, die Vinyl-Single findet man auf fast jeder Tonträgerbörse.

LONG LIVE SUNSHINE POP!
mellow

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