Anlässlich des Erscheinens einer Vinyl Box wird Tucky Buzzard aktuell. Vor kurzem schrieb ich etwas über „The End“, einer „Psychedelic Pop Combo“ gesponsert von Bill Wyman. Bill Wyman war enorm wichtig für „The End“. Sein Name sorgte dafür, dass DECCA sich um die Band kümmerte. 1969 war ein schweres Jahr für die Rolling Stones, „Let It Bleed“ wurde aufgenommen, Brian Jones starb und Mick Taylor kam. Die Rolling Stones durften nach drei Jahren wieder auf Tour in die USA. Das Ergebnis, Bill Wyman konnte sich nicht mehr ausreichend um seine Schützlinge kümmern. Der musikalische Stil von „The End“ war nicht länger gefragt und die Plattenfirma verlor das Interesse. „The End“ waren sprichwörtlich am Ende.
Terry Taylor sorgte für einen neuen Sound bei „The End“ und holte Jimmy Henderson als Sänger. Beeinflusst von Grand Funk Railroad wurde es mit Henderson rockiger. Der Wechsel von „The End“ zu „Tucky Buzzard“ (Tucky Buzzard war eine Figur aus den „Uncle Remus Books“) war fließend, so wie sich auch der Sound änderte.
„The End“ hielt sich lange in Spanien auf und war hier eine Berühmtheit. Ende der 1960er hatten es langhaarige Briten unter Franko sehr schwer, hatten aber als Ausländer mehr Erfolg als die spanischen Bands. Im Spätsommer kam genug Material zusammen um ein Album aufzunehmen. Man bat Bill Wyman die Produktion zu übernehmen, der lehnt aus den oben genannten terminlichen Gründen ab. Also ging es allein in ein Studio in Madrid. „Coming On Again“ sollte ein Konzeptalbum werden und die zukünftige musikalische Richtung von „Tucky Buzzard“ aufzeigen. Das Madrid Philharmonic Orchestra wurde zu den Aufnahmen geholt, ebenso Howard Neldrett und Hugh Attwooll, die schon bei „The End“ mithalfen. Der Einbau von Streichern und ganzen Orchestern in einen Song war modern und gehörte einfach dazu. Die Songs waren Experimente und es war auch nie daran gedacht sie Live zu spielen. „Coming On Again“ wurde durch das spanische Label Hispavox 1971 vermarktet.
1971 verschaffte Bill Wyman Tucky Buzzard einen Deal mit Capitol Records. Es sollten zwei Alben für Capitol Records aufgenommen werden. Capitol Records sah als Veröffentlichung die USA vor, GB schien zur Vermarktung nicht geeignet. Im Album „Tucky Buzzard“ wurden zum Großteil Songs die bereits aus der Zeit von The End entstanden aufgenommen. Erschienen ist das Album im Juni 1971 in den USA und im September desselben Jahres in GB. Ein halbes Jahr später folgte bereits das zweite Album „Warm Slash“. Auch hier wurde es zuerst in den USA, im November 1971, und erst im Februar 1972 in GB vermarktet. Produziert wurden die Alben diesmal von Bill Wyman. Aufgenommen wurde „Tucky Buzzard“ in den Olympic Studios in Barnes, wo auch die Rolling Stones ihre Alben vorwiegend aufnahmen. Diesmal waren es keine Experimente mit Streicher und großem Orchester, vielmehr gediegene Rockmusik der härteren Art mit viel Melodie. Verglichen wurden Tucky Buzzards mit Grand Funk Railroad. Grand Funk Railroad nannten die Mitspieler von Tucky Buzzard auch als eines ihrer Vorbilder, siehe oben die Anmerkung zu Jimmy Henderson.
Für die Aufnahmen von „Warm Slash“ ging es in die Nähe von Paris, in das Chateau d’Herouville. Das Studio war und wurde bekannt durch Aufnahmen von Elton John („Honky Chateau“), T-Rex („The Slider“ und „Tanx“) und David Bowie („Pin Ups“). „Warm Slash“ ist bluesiger als der Vorgänger, man höre sich „Need Your Love“ an. Tucky Buzard blieben dennoch beim Hardrock im Stil ihrer Vorbilder Grand Funk Railroad, Led Zeppelin oder Deep Purple.
Zu Deep Purple hatten Tucky Buzzard ein besonderes Verhältnis. Gemeinsam traten sie mehrfach im Beat Club auf und später war Tucky Buzzard einige Male die Vorgruppe von Deep Purple. Nach einem Konzert in Paris, als Tucky Buzzard wieder einmal die Vorgruppe von Deep Purple war, verschaffte Richie Blackmore ihnen einen Vertrag bei Purple Records.
Der Vertrag beinhaltete wieder nur zwei Alben. Es waren „All Right On The Night“ und “Buzzard!”. Bei „All Right On The Night“ stand Bill Wyman als Produzent nicht zur Verfügung, obwohl er auf beiden Alben als „Executive Producer“ angegeben wurde. Phil Cordell und die Band übernahmen den Job. Aufgenommen wurde mit dem „Rollings Stones Mobile Studio On Location“. Ron Taylor stieß als Gitarrist für Nicky Graham zur Band. „All Right On The Night“ erschien im Mai 1973. Die Verkaufszahlen blieben bescheiden. Als Gründe vermuteten Tucky Buzzard den neuen Trend zum Glamrock wie von The Sweet, David Bowie oder Roxy Music gespielt und die Vergleiche der Kritiker mit Led Zeppelin, den Rolling Stones oder Deep Purple. Es fehlte deren Meinung nach die Eigenständigkeit.
In Sounds kann man nachlesen:
„… leichte bis seichte musikalische Kost… das plätschert am Ohr vorbei… selbst einen Hammernummer wie „Who Do You Love“ gerät bei ihnen nur zu einem lauen Lüftchen… Jucy Lucy – where are you?“.
Mit der Meinung von Sounds bin ich nicht einverstanden, die Version von Tucky Buzzard ist nicht übel! Man bilde sich selbst ein Urteil!
Das zweite Album bei Purple Records sollte auch das letzte Album von Tucky Buzzard werden. Bill Wyman hatte wieder Zeit und übernahm die Produktion von „Buzzard!“. Er steuerte den Song „Wine And Wimmin‘“ bei. Die zweite Gitarre wechselte von Ron Taylor zu Phil Talbot. Die Musik wurde wieder bluesiger und abwechslungsreicher.
Tucky Buzzard begleitet Deep Purple auf deren „Burn Tour“ in den USA um „Buzzard!“ zu promoten. Mit auf dieser Tour gingen ebenfalls Savoy Brown.
Der Höhepunkt der Tour war am 6.April 1974 auf dem Speedway Track in Ontario, Kalifornien. Nach der berühmten „California Jam oder Cal Jam“ wurde Deep Purple zur „loudest band on the planet“ gekürt. Tucky Buzzard war nicht an diesem Konzert beteiligt, obwohl sie vorgesehen und im Programmheft angekündigt waren! Die Enttäuschung war riesig!
Ihr letzter Auftritt mit Deep Purple fand am 9. April, also drei Tage später, in der San Diego Sports Arena statt. Der Kontrakt mit dem Management von Deep Purple war beendet. Die Auflösungserscheinungen fingen an. Terry Taylor schloss sich „The Arrows“ an und grüdete später mit Bill Wyman dessen Rhythm Kings. Bei Bill Wyman und „Willie And The Poor Boys“ trifft man auf Jim Henderson und Chris Johnson. Paul Francis war viel gefragt und machte unter anderen bei Fuzzy Duck, Mick Ronson oder Maggie Bell mit.
Für mich waren The End und Tucky Buzzard unterschätze Bands. Sie wurden mit anderen Bands verglichen und hatten gegen Namen wie Led Zeppelin oder Deep Purple keine Chance. Wer sie kennen lernen möchte, kann sich die Box „The Complete Tucky Buzzard“ zulegen. Es gibt sie sowohl in Vinyl als auch als CD. Die CD Version besitzt ein kleines Begleitheft mit der Story von Tucky Buzzard. Die inneren Schutzhüllen der Schallplatten bieten dafür massig Informationen zu dem jeweiligen Album. Beide Boxen sind im Moment relativ günstig. Daher schaffte ich mir beide an.
Tucky Buzzard – Coming On Again
Die Band:
Dave Brown: bass, voc.
Nick Graham: keyb., voc.
Colin Griffin: guit., voc.
Terry “Tex” Taylor: guit.
Paul Francis: drums.
Jimmy Henderson: voc., perc.
Gäste auf Coming On Again:
Howard Neldrett: guit.
Hugh Attwooll: perc.
Die Songs:
Coming On Again – Parte I
For Maryse
Over The Hill
Coming On Again – Parte II
Believe Me
Here I Am
You’re All Alone
You Never Will
Free Ticket
Lady Fair
Tucky Buzzard – Tucky Buzzard
Die Band:
Dave Brown: bass, voc.
Nick Graham: keyb., voc.
Colin Griffin: guit., voc.
Terry “Tex” Taylor: guit.
Chris Johnson: drums.
Jimmy Henderson: voc., perc.
Die Songs:
Time Will Be Your Doctor
Stainless Steel Lady
Sally Shotgun
Gu Gu Gu
My Friend
Pisces Apple Lady
She’s Meat
Ace The Face
Whisky Eyes
Rolling Cloud
Tucky Buzzard – Warm Slash
Die Band:
Dave Brown: bass, voc.
Nick Graham: keyb., voc.
Colin Griffin: guit., voc.
Terry “Tex” Taylor: guit.
Chris Johnson: drums.
Jimmy Henderson: voc., perc.
Die Songs:
Mistreatin‘ Woman
(She’s A) Striker
Fill You In
Need Your Love
Which Way, When For Why
Burnin‘
Heartbreaker
Sky Balloon
Ain’t Too Soon
Tucky Buzzard – All Right On The Night
Die Band:
Jimmy Henderson: voc., perc.
Terry “Tex” Taylor: guit.
Dave Brown: bass, voc.
Chris Johnson: drums.
Ron Taylor: guit., voc.
Die Songs:
Can’t Live Without It
Fast Bluesy Woman
Gold Medallions
All I Want Is Your Love
Rainbow Rider
Rudie Movie Star
Pictures
Last War
Tucky Buzzard – Buzzard
Die Band:
Jimmy Henderson: voc., perc.
Terry “Tex” Taylor: guit.
Dave Brown: bass, voc.
Chris Johnson: drums.
Phil Talbot: guit., voc.
Die Songs:
Who Do You Love
Run In The Mornin‘
Hanging On In There (Waiting For You To Come)
Superboy Rock N‘ Roller-„73“
Bo-Bo’s Hampton
Wine And Wimmin‘
Superfine Lady
Near To Me
Shy Boy