Die 1947 in St. Louis, Missouri geborene Singer/Songwriterin Ann Peebles mag vielleicht nicht so bekannt sein, ihr Einfluss auf andere Musiker ist aber immens gross, auch wenn man da auf im ersten Moment nicht drauf kommt. Sie begann mit Gospel und landete irgendwann in einer der populären R&B-Revues. Bei einem Auftritt in Memphis 1968 fiel sie Leuten der örtlichen Plattenfirma Hi Records auf und kriegte auf der Stelle einen Vertrag. Soul hatte damals weltweit einen unglaublich hohen Stellenwert, Labels wie Motown, Atlantic oder Stax (plus tausende Kleinlabels die erst im Zuge von Northern Soul wiederentdeckt wurden) hatten innert weniger Jahre aus Gospel, Blues, R&B und Doo Wop (usw. usw. … ein wahrer Schmelztigel eben…) eine Stilrichtung der Popmusik erschaffen die niemand ignorieren konnte der sich damals mit moderner Musik beschäftigte. Aretha Franklin, Diana Ross, Martha Reeves, Stevie Wonder, Nina Simone, The Temptations, Jackson Five, James Brown, die Staple Singers… der Soul hatte klingende Namen hervorgebracht. 1968 begann der Erfolg bereits abzuklingen, sicher ist, dass nach dem Flugzeugabsturztod von Soul-Hohepriester Otis Redding im Dezember ’67 das Souluniversum nicht mehr das gleiche war, es begann sich schnell zu verändern. Zuerst schlich sich Psychedelic durch die Hintertür, dann folgten immer stärker die weissen Spielarten von Rock und Pop, schlussendlich wurde „klassischer“ Soul zu Beginn der 1970er wie von einem Schwamm durch den angesagten Funk aufgesogen, der wiederum paarte sich dann mit dem Phänomen Discomusic. Soul verschwand natürlich nie ganz, vielmehr verwandelte er sich immer wieder und war wegen solcher Evolutionsprozesse einfach nicht mehr immer an vorderster Front anzutreffen.
In diese abklingende Soul-Phase setzte Ann Peebles 1969 ihre erste Langrille This Is Ann Peebles. Am Songwriting beteiligte sie sich noch nicht, dafür intonierte sie mit „Solid Foundation“ eine Nummer ihres späteren Ehemannes, Hi’s Inhouse-Komponisten Don Bryant. Viele der Songs auf dem Erstling waren Coverversionen, „Chain Of Fools“, „Respect“ oder „It’s Your Thing“, Ann sang die aber dermassen überzeugend, dass sie keinen Vergleich mit den Originalen zu scheuen brauchten. Die ausgekoppelte Single „Walk Away“ erreichte in den R&B-Charts Platz 22.
Auch die nächste LP‘s überzeugten: Part Time Love (1971, plus/minus eine Singles-Restveverwertung, trotzdem absolut hochkarärtig) beinhaltete mit dem gleichnamigen Titelsong einen meiner Peebles-Favoriten. Straight From The Heart (1971) hatte tolle Groover an Bord. Ein kleiner britischer Rockderwisch namens Steve Marriott war Ann Peebles damals offenbar regelrecht verfallen, er glich die Phrasierungen seiner Stimmer immer mehr derjenigen von Ann an, das Arrangement und die stimmlichen Farbkübel von „99 Pounds“ exportierte er jedenfalls 1:1 auf sein Flaggschiff Humble Pie, der Song erschien später auf dem Pie-Album Thunderbox (1974).
Das von Peebles, Bryant und Bernard Miller verfasste „I Can’t Stand The Rain“ erschien vorab zum gleichnamigen 74er-Album im Juli 1973. Der Song garantierte mit den Tantiemen die er im Lauf der Jahre abwarf im Prinzip die persönliche Rente der beteiligten Songschreiber, die Nummer wurde unzählige Male gecovert, von Larry Graham bis Tina Turner, die von Frank Farian produzierten Eruption landeten damit 1978 einen massiven Discohit.
Ann Peebles war schon beinahe eine Rock-, respektive Soul-Rock-Shouterin, natürlich auch bedingt durch die mit oftmals in staubtrockenem Soundgewand agierenden Studiobegleiter, soultypischem Gebläse, lässigen funky Gitarrenklängen und hypnotisch polternden Bass/Drum-Teppichen. Die Alben Tellin‘ It (1975), If This Is Heaven (1977) und The Handwriting Is On The Wall (1978) gerieten dann angepasst an den Zeitgeschmack etwas eleganter, sind aber immer noch hervorragender Soul. Auf Disco hatte Ann Peebles keine Lust, 1979 zog sie sich zurück und liess erst 10 Jahre später wieder von sich hören, dann allerdings in zeittypischem Sound, der Charme der frühen Jahre war abhanden gekommen.
LONG LIVE ROCK’N’SOUL!
mellow
Nachtrag.
Trotz der häufig wechselnden Frisuren handelt es sich auf den Bildern immer um Ann Peebles. So wie andere Leute Schuhe sammeln, so häuften sich bei Ann offenbar Perücken an…