Guru Guru – Same

Guru Guru – Same

 

1973 war ich voll im Krautrock drin (obwohl, meines Wissens, der Begriff damals noch gar nicht für das musikalische Schaffen nördlich des Rheins verwendet wurde), aber die Bandbreite war natürlich ohnehin enorm und es stellen sich mir noch heute die Haare auf, wenn z.B. Kraftwerk unter Krautrock firmiert. Aber das haben wir wohl unseren Freunden jenseits des Kanals zu verdanken (auf den Zug sprangen ja später die anderen Freunde, über dem Teich, ebenfalls auf). Aber Guru Guru lagen schon damals etwas quer in der Landschaft.

 

Das selbstbetitelte Werk erschien auf Brain und bekam quasi den Stempel „Eine Empfehlung von Sounds“, was damals noch etwas bedeutete. Diese „Empfehlung“ wurde aber bald fallengelassen und das Cover entsprechend retuschiert. Was blieb war immerhin das Hakenkreuz (Swastika) aus der indischen Mythologie (ich glaube, das war ein Glückssymbol), welches auch noch seitenverkehrt abgebildet wurde (wahrscheinlich um rechtlichen Problemen schon im Vorgang einen Riegel zu schieben). Andererseits waren die Zeiten damals auch nicht so korrekt aufgeheizt wie sie es heute sind. Vieles was Ende der 60er oder noch Anfang der 70er ohne Wimpernzucken durchging, würde heute einen Shitstorm enormen Ausmasses auslösen, mit entsprechenden Konsequenzen.

 

Die Kritik von Jogi im Sounds überschlägt sich fast und man wird den Verdacht nicht los, hier sei gerade der Kreidevorrat in der Redaktion auf Null gesunken. Und das, obwohl ich mit der Kritik d’accord bin. Nur denke ich, das Heft ist damals mit einer Besprechung über Neo-Rock’n’Roll etwas in sich gegangen, normalerweise hätte das wohl ein Verriss werden sollen. Die Szene in Deutschland bestand 1973 definitiv nicht in Bands in Triobesetzung, die einen auf Eddie Cochran machten. Und ich hätte die Platte von Rechts wegen zu den Frank Sinatras stellen müssen (wenn ich damals schon welche Frankie Boy Aufnahmen gehabt hätte). Nicht dem Zeitgeist entsprechend? Check! Sogar die Tracks die jetzt nicht in komplettem Rock’n’Roll ersaufen, sind stilvoll und machen Laune. Irgendwie kommen die Stücke sehr entstaubt rüber, andererseits merkt man doch, dass da viel Respekt dahinter steckt.

 

Samantha’s Rabbit
Eine Gruppenkomposition. Ich würde nicht sagen „straight outta the 50’s“ aber die Band hat gut aufgepasst und ihren eigenen Beitrag geleistet. Alleine schon der coole Rhythmus ist es wert gehört zu werden. Reduce to the max. Oder so ähnlich. Inklusiv Ukulele (wenn ich nicht ganz falsch liege – ist zwar nicht so erwähnt, aber ich müsste schon was auf den Ohren haben).

 

Medley

Zuerst eine saustarke Bandkomposition mit „Rockin‘ mit Eduard“, ja, Elvis has left the building in 1973 already! Nichts da bedeutungsschwangere Musik und Gedudel aus Progversatzstücken. Und eingebaut ist das Ganze als Vorlauf zu drei Eddie Cochran Covers, „Something Else“, „Weekend“ und „Twenty Flight Rock“. Ich überleg gerade ob meine Faszination für uns Eddie von dieser Platte ausgelöst wurde? Ich kanns nicht sagen, weil ich mich nicht an alles erinnern kann, was da 50 Jahre zurückliegt. Auf jeden Fall haut die Platte heute noch rein und hat kein bisschen an Drive verloren. Absolut cool!

Woman Drum

Abgesehen von der Qualität der Stücke, ist das Album natürlich ein Leuchtturm musikalischen Schaffens. Auch „Woman Drum“ ist wieder eine Gruppenkomposition (wie alle noch folgenden Tracks auch). Wenn man will,kann man auf diesem Track bereits die kommenden Jahre des Mani Neumeiers vorausahnen. Das galoppierende Schlagzeug und die fast schon avantgardistisch anmutende Melodieführung.

 

Der Elektrolurch

Ein Klassiker und damit verabschiedet sich Guru Guru für heute vom Rock’n’Roll und taucht tiefer in unbekannte Soundwelten vor. Falls man mal eine Umfrage machen würde und einen Passanten auf der Strasse nach einem Song von Guru Guru frägt, dann wahrscheinlich wird „Der Elektrolurch“ genannt, der ist im Gedächtnis hängen geblieben, obwohl er jetzt nicht zu den eingängigsten Werken der Band gehört. Die Sprechteile auf dem Album waren damals auch nicht unbedingt die Norm.

 

The Story Of Life

Mit diesen 12:06 richten Guru Guru mit der ganz grossen Kelle an. Fernöstliche Töne und Metren die mich doch sehr stark an Jazz erinnern. Vielleicht ist dieser Track derjenige, den die meisten wohl überspringen werden. Ich weiss nicht mehr, wie ich den damals aufgenommen habe. Aber ein Stück betitelt mit „The Story Of Life“ hat wohl damals mein Interesse mehr als geweckt.

Guru Guru habe ich später dann mal an einem Konzert in Zürich live gesehen (als da eine Frau am Mikro war und das war dann sehr avantgardistisch), aber Mani Neumeier ist ja kein Fremder gegenüber Avantgarde und Jazz, da hat er genug Erfahrung damit.

Mani Neumeier – Drums, Percussion, Vocals

Ax Genrich – Guitar, Vocals

Bruno Schaab – Bass, Vocals

 

Ein Album welches definitiv nicht aus der Zeit gefallen und heute noch gültig ist. Es gibt hier im Rockzirkus noch einiges mehr zu Guru Guru zu lesen.

 

Links:

https://www.rockzirkus.de/blog/2018/07/guru-guru-kaenguru/

https://www.rockzirkus.de/blog/2020/06/guru-guru-oder-manfreds-geschichte-in-fuenf-akten/

https://www.rockzirkus.de/blog/2023/06/guru-guru-three-faces-of-guru-guru-1970-2021/

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