Walter Trout – US-Rock-Cowboy aus Ocean City, New Jersey

Manchmal muss man erst die Dunkelheit überwinden, um Licht zu sehen !!

Walter & Paul – Wo soll ich diesen Gitarristen einordnen, bei den tragischen Rockern oder bei den US-Rock-Cowboys?? Ich habe mich für die letztere Kategorie entschieden. Denn trotz einer lebensbedrohlichen Erkrankung, hat Walter Cooper Trout überlebt und sich mit enormer Lebenskraft zurück gekämpft auf die Bühnen der Welt. Mit Pferdeschwanz, Doppelkinn und stattlichem Bauchumfang erinnerte der Vollblut-Blues-Rocker eine lange Zeit an den Fleisch-Klops Meat Loaf (er sieht ihm sogar etwas ähnlich) oder Gitarren-Kollege Warren Haynes. Damit sind aber die Gemeinsamkeiten auch schon beendet. Anfang März 1951 in Ocean City in New Jersey geboren, spielte er zuerst im Schul-Orchester Trompete. Erster Wendepunkt in seinem jungen Leben (er ist 10-jährig) ist ein Treffen mit der Jazz-Legende Duke Ellington. Zweiter Wendepunkt: Mitte der 60iger stieg Trout, nachdem er das Blues-Album Paul Butterfield Blues Band Featuring Mike Bloomfield gehört hatte, dann auf E-Gitarre um. In den Rillen dieser Vinylplatte hörte der schüchterne Teenager Walter eine Sprache, die über Worte hinausging, das zementierte noch stärker seine Vorliebe für Blues & Gitarre. Walter brach die Schule ab und Ende der 60iger spielt er schon Gitarre und Mundharmonika in verschiedenen Bands in seinem Heimat-Staat New Jersey. Hier war nach seiner Ansicht nicht genug Platz für ihn und den Konkurrenten Bruce Springsteen mit seiner Band Steel Mill. Um Profi-Musiker zu werden siedelt er 1973 mit Trompete, Mandoline und Gitarre Richtung Los Angeles über, wo er sich als Session-, Studio und Begleit-Gitarrist verdingt. Der erste Teil seiner Visionen ist wahr geworden.

Walter Trout (1998)

The Outsider (2008)

WT & The Free Radicals (2000)

Walter & John – Er war mit vielen der hiesigen Blueskünstler unterwegs, oft war er der einzige weiße Kerl in der Truppe, entwickelte sich aber ständig weiter. Alkohol- und Drogenmissbrauch waren leider die Kehrseite dieser Art zu Leben. Seine Qualitäten führten dazu, dass er an der Westküste schnell zum gefragten Sideman wurde. Dadurch spielte Walter schon Ende des Jahrzehnts unter anderen bei den Righteous Brothers, Percy Mayfield, Big Mama Thorton, Joe Tex und John Lee Hooker groß auf. Er tritt 1981 dann den nimmer müden Boogie-Rockern Canned Heat bei. 1984 wechselt er zu John Mayall’s Bluesbreakers, mit denen er die bis dahin erfolgreichste Zeit seiner Karriere erlebt. 1989 beenden dann seine ausgewachsenen Alkoholprobleme nach einem verpatzten Auftritt in Ostberlin die weitere Zusammenarbeit. Gerüchteweise hatte dann Carlos Santana dem strauchelnden Walter Trout eindringlich nahegelegt, sein Talent nicht zu versaufen, sich wieder aufzurappeln und sein Leben wieder unter Kontrolle zu kriegen. Der Meister-Gitarrist folgt diesen Ratschlägen und ändert seinen Lebenswandel und er bewegt sich dann bereits ab 1989 auf Solopfaden. Und das extrem Arbeitshungrig unter verschiedenen Namen: Walter Trout Band (1989-1997: »Life In The Jungle«, plus 6 weitere Alben), Walter Trout And The Free Radicals (1999-2000: »Livin’ Every Day«, plus 2 Live-Alben), Walter Trout And The Radicals (2001-2004: »Go The Distance«, plus 3 weitere Alben), Walter Trout And Friends (2006: »Full Circle«), The Walter Trout Power Trio (2007: »Hardcore«), seit dem großartigen Album »The Outsider« (2008) bei Provogue Records ganz einfach und ausschließlich nur noch Walter Trout.

Battle Scars (2015)

Blues For The Modern Daze (12)

Survivor Blues (2019)

Walter & Rory – Nach seinem selbstbetitelten guten Solo-Debüt bei Ruf Records (1998) veröffentlichte er regelmäßig bis heute erstklassige Alben, verbringt einen Großteil seiner Lebenszeit im Studio, Unterwegs und auf unzähligen Bühnen dieser Welt, er ist eben ein Arbeitstier. Dieses harte Leben kann Spuren hinterlassen, manche führen sogar direkt hinein in eine Katastrophe. Schon lange plagen Walter gesundheitliche Probleme. Wegen einer nicht mehr medikamentös behandelbaren Lebererkrankung lag Walter dann seit März 2014 auf der Intensiv-Station einer Spezial-Klinik in Nebraska. Dann versagt Walters Leber endgültig, das kennen wir ja auch schon vom Iren Rory Gallagher. Seine nicht ausreichende Kranken-Versicherung will wegen fehlender Deckung keine Kosten übernehmen. Soll es denn nun schon wieder einen Blues-Zauberer erwischen ?? Dank einer groß angelegten Spenden-Aktion, einem passenden Spenderorgan und der schnellen Transplantation Ende Mai 2014 überlebt er glücklicherweise knapp. Eine Geschichte das selbst Thema für einen Blues sein kann. Dass dies alles so gelang, erfüllt den US-Saiten-Virtuosen nach seinen eigenen Worten bis heute mit unendlicher Dankbarkeit. Walter: „Der Blues sollte kein Museumsstück sein. Die Musik muss sich ständig nach vorne entwickeln und lebendig bleiben.“

Walter & Walter – Aber Ausruhen ist wahrlich nicht Walters Lebensplan, das erkennt man schon aus der vorher beschriebenen Geschichte. Kaum die Operation überstanden und wieder auf den wackeligen Beinen, plant er schon wieder Alben und Konzerte, ganz nach dem Motto: Wer rastet der rostet !! Noch in der Zeit als Walter in der Klinik operiert wird (im Mai 2014) erscheint die Retrospektive »Walter Trout: Best Of The Provogue Years«, kurz danach schon im Juni »The Blues Came Callin’«. Dann im Oktober 2015 das exzellente »Battle Scars«, mit dem er seine aktuellen Erlebnisse verarbeitet. Und Walter Trout ist wieder auf Tournee, im Herbst 2015 auch schon wieder in Europa. Während dieser Zeit werden auch Auftritte aufgezeichnet. Körperlich noch sichtlich sehr gezeichnet, aber wieder sehr spielfreudig zeigt er sich auf »Alive In Amsterdam« (2016) und vor allem auf »We’re All In This Together« (2017). Wenn man sich die Krankenhaus-Bilder im Booklet des Albums »Battle Scars« anschaut, kann man nicht glauben, dass dieser Überlebenskämpfer schon kurz nach der Operation und Reha wieder auf einer Bühne stehen und so fulminant Gitarre spielen kann. Ich habe es selbst am Freitag den 29. Juli 2016 am Herzberg erlebt (siehe weiter unten SchoTTenTalk). Er ist zu dem Zeitpunkt 65 Jahre alt, ich nur 5 Tage vor ihm geboren damals 60. Ein einmaliges, für mich unvergessliches Erlebnis.

Herzberg Festival 2016_10

Herzberg Festival 2016_11

Walter & Joe – In Sachen Blues-Rock spricht momentan die gesamte Blues-Szene ständig von Joe Bonamassa, dabei hat dieses Genre auch aktuell noch wesentlich mehr zu bieten und das fuhr Walter Trout auf seinem Solo-Album »We’re All In This Together« (2017) fast komplett auf. Hier spielte er mit vielen seiner bekannten Kollegen zusammen, unter ihnen Kenny Wayne Shepherd, Charlie Musselwhite, Mike Zito, Robben Ford, Warren Haynes, Edgar Winter, Joe Louis Walker, Randy Bachman, natürlich auch Joe Bonamassa und auf dem Titel »Blues For Jimmy T.« sogar mit seinem Mentor John Mayall. „Ich bin jetzt 66 Jahre alt, doch fühle ich mich, als wären es die besten Jahre meines Lebens. Ich fühle mich körperlich besser und habe mehr Energie denn je. Nicht nur mein Verständnis vom Leben hat sich komplett geändert, sondern auch meine Sicht auf die Welt, meine Familie, meine Karriere. Ich will mich in dieses spannende und feierliche Leben stürzen. Ich will es bei den Eiern packen und nicht wieder loslassen“, erklärt Walter bei der Veröffentlichung des Albums. Genau das habe ich in seinem lächelnden Gesicht am Herzberg gesehen.

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Walter & Robby – Erst 2019 erschien »Survivor Blues« mit vielen Blues-Klassikern, unter anderem auch von B.B. King und John Mayall, alles interpretiert mit Walters Handschrift. Auf »Goin’ Down To The River« ist schon mal Robby Krieger an seiner Seite. Und der Blues-Rocker Walter Trout arbeitet wie ein Berserker weiter, man meint er hat keine Zeit mehr zu verlieren. Wer weiß das auch in diesen schwierigen unsicheren Zeiten so genau?? Der 69-jährige Trout gehört zurzeit immerhin zur Höchst-Risiko-Gruppe. Er hat aber dennoch hart an der Veröffentlichung des neusten Albums »Ordinary Madness« gearbeitet. Auch wieder im Studio des Doors-Gitarristen Robby Krieger in Los Angeles weitgehend analog aufgenommen und es wenige Tage vor dem letzten Corona-Lockdown fertiggestellt. Vom Ambiente dort im Studio war der ehemalige Gitarristen von Canned Heat und John Mayall’s Bluesbreakers schwer beeindruckt. Walter im Print-Magazin Rocks: „Dieses Studio ist vollgestellt mit tollem Vintage-Equipment, wir konnten benutzen, was immer wir wollten. Als ich die Rhythmus-Gitarre für den Song »OK Boomer« einspielte, drückte mir der Studio-Manager Michael Dumas die alte Slide-Gitarre von Robby Krieger in die Hand, die er schon bei den Doors gespielt hat. Auch Ray Manzareks Orgel steht da einfach so rum. Manchmal muss man erst die Dunkelheit überwinden, um Licht zu sehen. Auch wenn es derzeit noch düster um uns herum ist: das wird vorübergehen. Ich freue mich darauf, die neuen Songs zu spielen, sie reflektieren die schwierigen Zeiten, in denen wir uns befinden.“ Wie wahr Walter, Zuversicht ist der erste Schritt bald wieder auf der Bühne stehen zu können. Auf Ordinary Madness haben auch wieder die zwei derzeitigen Weggefährten Bassist Johnny Griparic und Schlagzeuger Michael Leasure sowie auch noch Keyboarder Teddy Andreadis mitgewirkt.

Walter Cooper Trout

Jonathan Trout

Jon Trout & Johnny Griparic

SchoTTenTalk +++ Nach sehr langer, sehr schwerer Krankheit (und Leber-Transplantation) ist die Blues-Rock-Legende Walter Cooper Trout endlich wieder bei viel besserer Gesundheit und in herausragender Spielfreude. Dass was ich mit den Sohn-Vater-Netzwerkern Marvin (alias The roboT) und Volker am Herzberg erlebt habe war eines der emotionalsten Konzerte meines bisherigen Lebens. Die Geschichte: Überraschender Abbruch nach 15 Minuten wegen des einzigen Wolkenbruch in den vier Festival Tagen, Regentropfen so groß wie Tischtennisbälle, die Bühne plötzlich wegen Ausfall der Elektrik komplett ohne Licht und Ton, zwanzig Minuten Zwangspause, stehendes Wasser auf der Hälfte des Bühnenbodens. Walter mit phantastischen vier Mitmusikern (inklusive Sohn Jonathan Trout alias Jon) fängt nach dieser Katastrophen-Unterbrechung nach Rückkehr exakt wieder an der gleichen Stelle des abgebrochenen Songs nahtlos an, der Herzberg bebt, danach fast noch 80 Minuten High-Speed-Power-Blues-Rock der Extraklasse. Kurzfristig kommt sogar Trouts niederländischer Tour-Manager Andrew Elt, der 1987-1996 bei den niederländischen Glam-Rockern Sleeze Beez sang, für einen Gitarren,- und Vokalen Beitrag mit auf die Bühne. Ich in der ersten Reihe in ständigen direkten Augenkontakt mit Walter, Sohn Jonathan spielt mehrere fabelhafte Solos, singt sich die Seele aus dem Leib, in Walters Augen Demut, Stolz, Leidenschaft, Liebe. Wir sehen und lächeln uns an, beidseitiges tiefes Verständnis, der Herzberg wird zum Blues-Hexenkessel, ich klatsche mir die Hände rot, schreie und feuere Ihn an, BRAVO, BRAVO, BRAVO, was für ein schöner Augenblick in der Zeit, in diesem Moment erinnere ich mich an Reggae-King Bob Marley kurz vor seinem Tod am 13. Juni 1980 in der Dortmunder Westfalenhalle, damals auch mit schmerzenden Händen und rauer Kehle. WAS, es soll hier heute zu Ende sein, nein nicht jetzt schon, BITTE nicht, noch ein Blues-Feuerwerk-Zugabe. Den fünf Musikern auf der Bühne, Walter & Jon und das Stamm-Personal Johnny Griparic (Bass), Michael Leasure (Schlagzeug), Sammy Avila (Keyboards), sieht man an wie ergriffen, glücklich und dankbar sie sind, die Hände permanent symbolisch an ihren Herzen. Eine symbiotische vollkommene Hippie-Gemeinschaft, Menschen Jung und Alt, mit und ohne Instrument, Woodstock war 1969, nun nach 47 Jahren haben wir 2016 den Herzberg, der nicht umsonst HERZberg heisst. 10 Verbeugungen der fünf Stage-Titanen. Walter kommt an den Rand der Bühne bis auf Armlänge zu mir, beugt sich auf meine Augenhöhe herunter, wir Beide sind jetzt allein unter tausenden brüllenden, stampfenden, feiernden Blues-Biestern, eine Verbindung für einen Moment fest und stabil wie ein Drahtseil. VERSTEHEN bei Walter und dem SchoTTen !! Er wirft mir sein handsigniertes Plektron zu, der Wind treibt das leichte Teil etwas ab zum Marvin (alias The roboT). Panik: Das kleine Teil fällt zwischen die Absperrungen, ein Ordner kommt sofort im Dauerlauf, sucht lange am Boden, findet das kleine Plastikscheibchen, gibt es ohne auch nur eine Zehntel-Sekunde zu zögern zum The roboT. Walter strahlt, Der SchoTTe ist dankbar, Marvin zittern die Hände, Papa Volker voller Freude und Demut dieses magische Bühnen-Publikum-Doppel erlebt zu haben. Walter winkt uns ein letztes Mal zu, was für ein emotionales Feuerwerk !! DANKE an alle für dieses Erlebnis. Weiterlesen RZ: US-Rock-Cowboy – Klingende Grüsse, Der SchoTTe

Johnny Griparic

Michael Leasure

Sammy Avila (Bilder: SchoTTe)

Und wer einmal im Licht stand, der möchte nicht zurück in die Dunkelheit !!

Trout On Tour – Sein einzige Konzert im Osten Deutschlands fand am 18.09.2021 in Neustadt an der Orla statt. Ein Verrückter nahm Geld und Mut zusammen und organisierten den kleinen Abstecher vom Tourenplan, um Walter Trout live zu erleben. Auf dem Gelände der Wotufa, einer alten Textilbrache stand eine Bühne, ein Zelt, mehr brauchte es nicht. Wer von weither kam campierte einfach im Wohnwagen daneben. Und die Musikhungrigen kamen. Walter Trout hatte Johnny Griparic (Bass), Juan van Emmerloot (Drums) und Bob Fridzema (Keyboard) mitgebracht. Andrew Elt, eigentlich Tourmanager, tobte auch als Sänger über die Bühne. Da standen Freunde auf der Bühne, denen man die Freude am Liveauftritt, dem gemeinsamen Geschichtenerzählen ansah. Geschichten über die kleinen und großen Dramen und Freuden des Lebens, wo man Menschen und Träume verlieren kann und es dann doch irgendwie weitergeht. Und das ging ins Herz, schnörkellos, so wie halt das Leben ist. Und dann fängt Walter Trout an: Ich will euch was erzählen – war monatelang im Krankenhaus – Organtransplantation und danach – mein Gehirn leer – musste alles neu lernen – erkannte Frau und Kind nicht mehr und das Schlimmste – ich wusste nicht was Gitarre spielen ist – habe ein Jahr lang jeden Tag 7 bis 8 Stunden trainiert. Musik ist mein Leben. Sprachs und sprang wieder über die Bühne. Der Mann braucht kein großes Musiktheater, ein Bandleader der allen Raum gibt, authentisch alle auf der Bühne, zeitloser Bluesrock, vertraute Riffs ohne zu langweilen. Und am Ende weiß man, warum man bei 15°C und Regen klitschnass und doch glücklich ist. Sein Album von 2020 – »Ordinary Madness« – unbedingt anhören. [Text: Katrin Förster, Bilder: Andreas Tittmann]

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