Out Of Focus

Out Of Focus – Krautrock?

Um 1971 und 1972 kümmerte ich mich immer mehr um deutsche Bands. Der Begriff „Krautrock“ war mir damals unbekannt, hätte mich auch wenig interessiert. Bands wie Birth Control oder Frumpy waren mir zu sehr Hitparade, Bröselmaschine mit Peter Bursch zu folkig. Was mich interessierte waren Bands wie Ton Steine Scherben, Niagara, Passport, Guru Guru, Hanuman und eben Out Of Focus. Hanuman und Out Of Focus lagen bei einem kleinen Westerwälder Musikladen im Schaufenster. Ich hatte damals etwas Geld bei einem Job verdient und musste es loswerden. In Hanuman und Out Of Focus wurde kurz reingehört und gekauft. Der Laden hatte auch einige Platten von Free, weswegen ich überhaupt in die Stadt gefahren war. Zweimal Free und zweimal deutscher Rock waren die Ausbeute.

Über Hanuman schrieb ich bereits. Bei Out Of Focus fand ich den ersten Song vom Namen her schon interessant. „What Can A Poor Boy Do (But Fighting In The Street)”. Dann war das Label Kuckuck. Kuckuck stand bei mir für gute Rockmusik.

Das Album „Out Of Focus” war das zweite Album der gleichnamigen Band. Aufgenommen wurde es in den Bavaria Studios in München, Aufnahmedaten waren der 07. bis 11. und der 21. bis 23. Juni 1971. Out Of Focus muss sehr fleißig gewesen sein. Laut Beilage der CD war sie eine der gefragtesten Liveacts im Raum München. Obwohl sie so gefragt waren, hatten sie keinen Plattenvertrag bis Kuckuck sich 1970 um sie kümmerte.

Alle Songs des Albums stammten von der Band, Cover gab es nicht. Der erste Song war eine Antwort auf „Street Fighting Man“ von den Rolling Stones. Gesang mit mehr oder weniger intelligenten Texten gibt es auch, die Instrumente und das Zusammenspiel der Musiker stehen aber im Vordergrund. Es ist im Grunde Jazzrock aus Deutschland. Mir stellt sich daher die Frage: gehört Out Of Focus in die Schublade Krautrock?

Zum Gesang, die Texte waren wohl ambitioniert, aber dem Sänger hört man den deutschen Slang sehr deutlich an. Hier hätte er vielleicht etwas mehr üben oder gleich deutsch singen sollen. Songs in englisch waren damals bei Rockbands noch angesagt, Bap kam später. Abgesehen von dem Gesang sind es sehr gute Musiker. Es wird viel improvisiert, hier besonders in den dreizehn Minuten von „Blue Sunday Morning“. Gitarre, Bass und Schlagzeug übernehmen den Rockanteil, Moran Neumüller und Hennes Herig sind für den Jazz zuständig. Besonders Moran Neumüller mit seinem Saxophon und Remigius Drechsler mit seiner Gitarre geben meist den Ton an. Bei „What Can A Poor Boy Do (But Fighting In The Street)” darf jeder ein Solo spielen und hier gefällt mir besonders das, leider nur kurze Orgeleinlage, von Hennes Hering.

Vor ein paar Jahren war die CD nicht zu bekommen und die Preise für die Ausgabe in Vinyl waren unglaublich hoch. Zuerst wollte ich meine Platte verkaufen und dann kam dann doch die CD auf den Markt. Wer zu spät kommt…. Ohne Ersatz hätte ich die Platte auch nicht verkauft, sie gehört zu den immer noch gern angehörten Alben aus deutschen Landen.

Out Of Focus:

Stephan Wisheu: bass
Klaus Spöri: drums
Remigius Drechsler: guit.
Hennes Hering: keyb.
Moran Neumüller: voc., sax.,flute

Die Songs:

What Can A Poor Boy Do (But To Be A Streetfighting Man)
It’s Your Life
Whispering
Blue Sunday Morning
Fly Bird Fly
Television Program

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2 Kommentare

  1. Das hatte ich ganz vergessen, ja Out Of Focus ist eine der wichtigen Kraut-Rock-Bands, das wird von fast allen Fachkundigen und Musik-Begeisterten so gesehen. Im Bereich Kraut-Rock gibt es noch viel zu entdecken, zum Beispiel Epidaurus aus der Gegend Bochum/Herne. Sehr spannend da einige Musiker jetzt wieder mit Herne 3 Reloaded Live auftreten. Bleibt Heiter & Gesund, Rhythmische Grüsse, Der SchoTTe

  2. Das ist eines meiner Lieblingsthemen !! Der Begriff Kraut-Rock beschreibt eigentlich kein Musik-Genre, sondern eine Zeitspanne (circa 1967 bis 1977) während der auf dem Globus (deutschsprachige Raum) eine Eruption an kreativer Energie frei wurde und in mannigfaltiger Form das Licht der Welt, das Ohr des Hörers erreichte. Im Kraut-Rock wurde fast die gespannte Spannbreite der damaligen Rock-Musik abgebildet, war aber auch die Geburtsstunde von Musik die es noch nie so gegeben hat, beispielsweise Rock-Musik mit deutschen Texten (Ihre Kinder), Experimental (Organisation, Kluster) oder Avantgarde-Elektronik (Psy Free (Conti/Schulze), Tangerine Dream, Neu!). Im Rockzirkus wurden dazu ja schon eine Menge großartiger Beiträge eingestellt. Bei meiner Serie Deutsche Legenden habe ich schon einige Protagonisten (Ape, Conti, Grosskopf) und Bands (Guru Guru, Epitaph) vorgestellt, einige andere sind schon im Gerüst fertig und kommen demnächst. Namensgeber für dieses Kunstwort sind unsere Monarchie-Freunde von der Nordsee-Insel, im Besonderen der britische Radio/TV Moderator John Peel. Im eclipsed Magazin wird zu Kraut-Rock gerade wieder mal ein 6-teiliger Beitrag VÖ (aktuell Teil 3: Wenn der Jazz ins Kraut schießt). Das Studio-Material von Out Of Focus aus den frühen 70igern, zusammengefasst auf insgesamt fünf Alben, gehört sicher zum Vermächtnis der deutschen Rock-Musik. Ihren Stil würde ich als Fusion mit psychedelischen, progressiven Rock bezeichnen. Mein Favorit, als Fan von langen Titeln, ist Doppel-Vinyl/CD Four Letter Monday Afternoon. Die Münchener Szene war damals mit Amon Düül II, Embryo, Niagara, Sahara, Passport, ein Aushängeschild für diese Facette der Rock-Musik, die Musikern wechselten teilweise innerhalb dieser Combos und sind teilweise bis heute noch aktiv. Ich habe alle diese Bands schon Live erlebt, Out Of Focus leider nicht. Bleibt Heiter & Gesund, Rhythmische Grüsse, Der SchoTTe

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