Bei Captain Beefheart bin ich immer sehr vorsichtig. Anfang der 1970er Jahre stellte ein DJ Captain Beefheart im Radio vor. Der Typ erzählte in einer Geschichte, Don van Vliet (aka Donald Vliet aka Don Glen Van Vliet) wollte etwas Neues machen. Er ging auf die Straße und holte ein paar Passanten in ein Studio, drückte ihnen Instrumente in die Hand und ließ sie einfach mal so musizieren. Die Geschichte ist natürlich völliger Blödsinn und wahrscheinlich von der Plattenfirma an die unkundige Presse verteilt.
Mich machte das neugierig, vor allem weil es sich um einen Schulfreund von Frank Zappa handelte. Die Alben um die es in der Sendung ging, waren seine ersten Alben von „Safe As Milk“ bis „Trout Mask Replica“. Irgendwie packte es mich damals schon, aber mir fehlte das Geld. Im Zeitalter der CD hatte ich das Geld und konnte die Sammlung entsprechend aufstocken. Rhino erinnerte sich ebenfalls an Captain Beefheart und seine Magic Band und brachte 2014 die Box „Sun Zoom Spark: 1970 to 1972“ in den Handel. In der Box liegen vier CDs und ein Heftchen mit Kommentaren zur Box und den Alben. Drei Alben sind „Lick My Decals Off, Baby“, „The Spotlight Kid” und “Clear Spot”. Die vierte CD sind bisher unveröffentlichte Outtakes, aufgenommen aus den Jahren 1970 bis 1972“.
Die Box wird im Netz hoch gelobt, was allerdings oft nur die Soundqualität betrifft. Persönlich sehe und höre ich das etwas anders. Zwei der Alben „Clear Spot“ und „The Spotlight Kid” besaß ich bereits und der Unterschied im Sound zwischen den einzelnen CDs und denen aus der Box ist für mich nicht gravierend. Was mich an der Box gereizt hat, sind das mir noch fehlende „Clear Spot“, die Outtakes und die Box an sich. Verkauft wurde sie als „limitierte Ausgabe“, ich kann allerdings weder eine Nummer noch eine Auflage auf der Box erkennen. Enttäuscht bin ich von den Digipacks und deren nicht vorhandenen Inhalt, unter anderen was die zusätzlichen Informationen angeht. Captain Beefheart ist nicht nur ein großartiger Musiker, er ist auch ein begabter Maler. Auf meinen Alben findet man zahlreiche Skizzen und Zeichnungen vom Captain, passend zu den Songs. Es ist schon eine Schande diese Zeichnungen auf das Miniformat einer CD-Beilage zu reduzieren. Bei den Digipacks in der Box geht die Reduzierung noch um eine Stufe weiter! Nee Leute, das hättet ihr besser machen können! Es lebe das Vinyl!
Zur Musik… es sind typische Aufnahmen von Captain Beefheart und seiner Magic Band, allerdings mit nur wenig Höhepunkte und Ohrwürmer. Höhepunkte aus seinem Schaffen findet man auf anderen Alben. Ausnahmen sind für mich „Glider“ vom Album „The Spotlight Kid“ und „Low Yo Yo Stuff“ von „Clear Spot“. „Clear Spot“ ist auch das am wenigsten experimentelle Album in der Box. Stellenweise wird es melodisch und auch ein Chor fehlt nicht. „Too Much Time“ ist so ein Song, er erinnert mich an die frühen Aufnahmen von Taj Mahal.
Wer seine Musik nicht kennt, es ist ein sehr experimenteller Blues mit Jazzanteilen. Manche nenne seine Experimente auch „kaputte Musik“, aber die haben ihn nicht verstanden. Empfehlen kann ich die Box, mittlerweile ist sie im Preis gestiegen, nur eingefleischten Fans und Freunden von in Boxen eingepackten Tonträgern (so wie ich einer bin) und natürlich den Fans von Captain Beefheart.
Lick My Decals Off, Baby – Captain Beefheart & The Magic Band
Lick My Decals Off, Baby
Doctor Dark
I Love You, You Big Dummy
Peon
Bellerin‘ Plain
Woe-Is-Uh-Me-Bop
Japan In A Dishpan
I Wanna Find A Woman That’ll Hold My Big Toe Till I Have To Go
Petrified Forest
One Red Rose That I Mean
The Buggy Boogie Woogie
The Smithsonian Institute Blues (Or The Big Dig)
Space-Age Couple
The Clouds Are Full Of Wine (Not Whiskey Or Rye)
Flash Gordon’s Ape
The Spotlight Kid – Captain Beefheart
I’m Gonna Booglarize You Baby
White Jam
Blabber ‚N Smoke
When It Blows It Stacks
Alice In Blunderland
The Spotlight Kid
Click Clack
Grow Fins
There Ain’t No Santa Claus On The Evenin‘ Stage
Glider
Clear Spot – Captain Beefheart And The Magic Band
Low Yo Yo Stuff
Nowadays A Woman’s Gotta Hit A Man
Too Much Time
Circumstances
My Head Is My Only House Unless It Rains
Sun Zoom Spark
Clear Spot
Crazy Little Thing
Long Neck Bottles
Her Eyes Are A Blue Million Miles
Big Eyed Beans From Venus
Golden Birdies
Out Takes 1970 – 1972 – Captain Beefheart
Alice In Blunderland (Alternate Version)
Harry Irene
I Can’t Do This Unless I Can Do This / Seam Crooked Sam
Pompadour Swamp / Suction Prints
The Witch Doctor Life (Instrumental Take)
Two Rips In A Haystack / Kiss Me My Love
Best Batch Yet (Track – Version 1)
Your Love Brought Me To Life (Instrumental)
Dirty Blue Gene (Alternate Version 1)
Nowadays A Woman’s Gotta Hit A Man (Early Mix)
Kiss Where I Kain’t
Circumstances (Alternate Version 2)
Little Scratch
Dirty Blue Gene (Alternate Version 3)
Lieber Roland, ja ich mag besonders die Musik die etwas sperriger ist und das in fast allen Genres von Minimal über Avantgarde bis Dance & Trance. Weniger zu tun habe ich mit der Musik der Massen, meide Großveranstaltungen, treibe mich bei Festivals bis 10.000 Feierbiestern und Clubs rum. Für mich sie Interaktion mit Menschen Vor, Auf, Hinter der Bühne sehr wichtig. Deshalb finde ich dieses Format (das sagte ich gestern remo4 bei einem langen Gespräch) im RZ so Klasse. Unglaublich was ich Musik-Maniac noch von Euch lernen kann, großartig !! Der Kapitän ist ja nicht so oft außerhalb Nordamerikas aufgetreten, dafür aber Crazy Bobby Brown Zappa, den habe ich ein halbes Dutzendmal Live erlebt. Schade das wir solche musikalischen Querdenker nicht mehr in dieser Bekanntheit wie bei ihm heutzutage haben. Dennoch gibt es, wenn man tief gräbt immer noch viele Crazy Artisten. Es gibt auch einige Künstler von denen ich trotz eines Kellers voller Ton/Bild-Dokumenten keine größere Anzahl Werke habe, beispielsweise David Bowie, Rod Stewart, etc. ist mir alles zu Mainstream und zu glatt. Aber das gute ist, es ist alles Geschmackssache. Bleib Gesund Rolando (schöner Name, mag ich sehr) und Klingende Grüsse, Der SchoTTe
Interessant. Ich hätte dich nicht in der Captain Beefheart-Ecke vermutet. So kann man sich täuschen. Beim Käpt’n muss ich für mich gestehen, auch wenn ich dessen Output schätze, ich hab dazu nie richtig den Zugang gefunden. Der einzige Tonträger bei mir ist „Shiny Beast (Bat Chain Puller)“.
Cheers
Roland
Ich gebe dir vollkommen recht Meister remo4, bei manchen Neuveröffentlichungen von Werken der 60/70iger sollte man (wenn 1. vom Label und 2. ein Abspielgerät verfügbar) auf die Vinyl-Ausgabe setzen. Damit sind wir wieder beim Thema von The Rattles. Auch hier bei Captain Beefheart wäre es angebracht gewesen. Die Sun, Zoom, Spark: 1970 To 1972 Box gab es auch in Vinyl, dann aber zum doppelten Preis. Die CD-Laufzeiten richten sich nach den Vinyls, also jeweils zwischen 35 und 40 Minuten, somit hätte die CD-Version auf einen Doppeldecker gepasst. Eigentlich ist Rhino/Warner für optimale und üppige Ausstattung bekannt, aber hier hätte man es besser machen können, beispielsweise die CD-Ausgabe als earBOOK (siehe Beiträge Chris Rea), dann wäre das Begleitbüchlein auch lesbarer. Dennoch ist die Box nicht uninteressant wegen dem Bonus-Material auf der CD/LP Nummer 4. Wer die Musik von diesem Grenzgänger liebt, muss natürlich das Teil haben, die anderen sollten sich auch mal die Retrospektive Grow Fins, Rarities (1965-82) auf 5CD anschauen, fette Box von Revenant/Cargo Records, die ist inzwischen aber bezahlbar fast nur noch gebraucht zu bekommen. Oder man bleibt bei den genannten Meisterstücken Safe As Milk und Trout Mask Replica. Bleibt Gesund und Klingende Grüsse, Der SchoTTe