Nguyên Lê

Nguyên Lê

In meinem Universum sind Jazzgitarristen eine seltene Species. Alleine schon, weil mein Verständnis von Jazz sich nicht wirklich auf die Gitarre erstreckt. Ich merks schon, wir sind hier auf „Piano im Jazz ist nicht so mein Ding, aber es gibt Ausnahmen …“-Territorium. Also, „Gitarren im Jazz sind nicht so mein Ding, aber es gibt Ausnahmen …“. Eugene Chadbourne, Fred Frith oder Arto Lindsay mit seinem beeindruckenden Gig in Willisau. Oder mein Hinweis auf Ronald Shannon Jackson’s (Schlagzeuger) Album „Red Warrior“ von 1990 in der Besetzung Schlagzeug/Gitarre/Gitarre/Gitarre/Bass/Bass und heute noch absolut kontemporär. Coproduziert von Bill Laswell. Gut, man könnte und kann noch Otomo Yoshihide erwähnen oder Christy Doran oder …

Nguyèn Lê (Jahrgang 1959 – Franzose mit vietnamesischer Abstammung) habe ich auf einer langen Liste an interessanten Musikern und immer wenns drauf ankam, habe ich den Mann vergessen und erst in letzter Zeit angefangen, mich mit ihm zu beschäftigen. Sein Hauptinstrument ist die elektrisch verstärkte Gitarre, aber er ist auch auf anderen Instrumenten zu Hause. Seine Veröffentlichungen als Leader von 1990 bis 2024 sind eine eindrückliche Liste, meistens auf dem ACT Label erschienen. Im europäischen Raum hat der Mann einen sehr guten Namen und ist auch mit vielen Topmusikern hier aufgetreten. Was aber nicht wirklich verwunderlich ist, folgen die Kollaborationen im Bereich dieses Genres wirklich Schlag auf Schlag und bilden keine Ausnahme oder tiefergehende Konstellation.

Anders als z.B. im Pop-/Rockbereich bilden Coverversionen im Jazz eine reguläre Basis des Angebots und niemand enerviert sich ob dieser Tatsache. Das mag auch der kompletten Transformation von einem Genre ins andere geschuldet sein, ich kann das nicht beurteilen. Was auffällt, als Jazzhörer beurteilt man das gar nicht, in meinen Gesprächen mit Pop-/Rockhörern kam da jeweils das völlige Unverständnis rüber bis hin zu recht abschätzigen Bemerkungen. Hier geht es mir vor allem um zwei Tonträger die fast komplett auf eben solchen Coverversionen aufbauen. Fast, weil auf einer CD ein paar Stücke von Nguyên Lê selbst dazwischen gesprenkelt sind.

 

Nguyèn Lê Purple – Celebrating Jimi Hendrix (2002)

1 1983… (A Merman I Should Turn To Be)
2 Manic Depression
3 Are You Experienced
4 Purple Haze
5 Burning Of The Midnight Lamp
6 If 6 Was 9
7 Voodoo Child (Slight Return)
8 South Saturn Delta
9 Up From The Skies
10 Third Stone From The Sun

Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, das der durchschnittliche Jimi Hendrix-Fan damit etwas anfangen kann, dazu sind die Versionen viel zu weit weg vom Original und wenn ich die CD zum ersten Mal im Blindtest hören würde, dann käme ich wohl nur in ganz wenigen Stellen auf … aha, Jimi Hendrix … aber genau das macht ja das Genre Jazz hörenswert. Wenn etwas bearbeitet wird, dann geschieht das in ziemlich vielen Fällen radikal (nicht immer, aber das ist schon ein bisschen ein Standard).

Nguên Lê With Michael Gibbs & NDR Bigband – Celebrating The Dark Side Of The Moon (2014)

1 Speak To Me – Voice: u.a. Youn Sun Nah – Written By: N. Mason
2 Inspire – Written By: N. Lê
3 Breathe – Written By: D. Gilmour, R. Wright, R. Waters
4 On The Run – Written By: D. Gilmour, R. Waters
5 Time – Written By: D. Gilmour, N. Mason, R. Wright, R. Waters
6 Magic Spells – Written By: N. Lê, Youn Sun Nah
7 Hear This Whispering – Written By: N. Lê
8 The Great Gig In The Sky – Written By: R. Wright
9 Gotta Go Sometime – Written By: N. Lê
10 Money – Written By: R. Waters
11 Us And Them – Written By: R. Wright, R. Waters
12 Purple Or Blue – Written By: N. Lê
13 Any Colour You Like – Written By: D. Gilmour, N. Mason, R. Wright
14 Brain Damage – Written By: R. Waters
15 Eclipse – Written By: R. Waters

Die „Dark Side Of The Moon“ zeigt sich etwas zugänglicher, aber auch hier wird nicht mit dem Vorschlaghammer interpretiert, das ist dann über grössere Strecken schon ziemlich subtil. Wem Coverversionen generell auf den Zeiger gehen, dem/der kann ich keine der beiden Tonträger empfehlen, aber wenn man etwas Verständnis für Jazz aufbringt, dann könnten diese CDs Augen- und Ohrenöffner sein. Aber, wie gesagt, eine Affinität zu Jazz ist unbedingte Voraussetzung.

Es sind die beileibe nicht die einzigen Veröffentlichungen mit Coverversionen die Nguyên Lê auf den Markt gebracht hat, aber man sollte dabei nicht aus den Augen verlieren, dass der Mann sehr viel mehr in seinem Werk hat, als „nur“ Pink Floyd und Jimi Hendrix. Eine ganz andere Baustelle ist dagegen Erika Stucky und unter anderem ihre beiden Jimi Hendrix „Tribute“ Tonträger. Wenn das nicht mal eine Ueberleitung ist! To be continued …

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