Fred Goodman – Allen Klein (Buch)
Im Untertitel „The Man Who Bailed Out The Beatles, Made The Stones, And Transformed Rock & Roll“. Und „Saved The World From Destruction Single Handedly“ hat der Verlag wohl noch vergessen. Die Geschichte des Allen Klein ist, zumindest in Bezug zu den Beatles, den Rolling Stones und Donovan, sehr wohl bekannt und ist in die Folklore eingegangen. Aber, wenn es jemandem so wie mir ergeht, dann hat er/sie seine/ihre Informationen aus unzähligen Kürzestartikeln in Zeitungen und Magazinen zusammengekratzt. Viele Buchstaben, aber nie eine kohärente Erzählung. Natürlich kann es sein, dass die Geschichte des Allen Klein etwas verzerrt wird durch diese Art der Informationsaufnahme.
Aber sind wir mal ehrlich, wen interessiert schon was Allen Klein in seiner Kindheit gemacht hat. Das Fleisch am Knochen sind seine „Deals“ mit Blick auf die Beatles oder die Rolling Stones. Und zumindest bei letzeren hallt die ganze Chose bis heute nach. Ich schwinge mich nicht zum Anwalt der Unterdrückten und Entrechteten (aka Rolling Stones) auf, das können die selber machen, Geld genug haben sie ja, aber wenn jemand über den Tisch gezogen wird, dann ist es ziemlich egal warum das so geschah.
Das Buch (2016 – Copyright 2015 – ISBN 978-0-544-70501-2) ist quasi nur noch als NOS zu bekommen, in den regulären Buchhandlungen taucht es nicht mehr auf. Aber es ist durchaus noch auf dem Markt. Herausgegeben von Mariner (Verlag) und mit um die 300 Seiten ziemlich handlich. Zuerst mal die negative Seite des Buches. Bereits von Anfang an macht der Autor klar, dass seiner Meinung nach Allen Klein meistens falsch dargestellt wird und er in Tat und Wahrheit die Bands, die er unter seiner Fuchtel hatte, zu Einkommen, um nicht zu sagen, in einigen Fällen zu Reichtum brachte. Mag sein und das Narrativ ist nicht schlecht konstruiert, aber ich habe trotzdem meine Zweifel. Irgendwie denke ich, Fred Goodman wollte hier ein kontroverses Buch auf den Markt bringen und bekam auf halber Strecke doch noch kalte Füsse.
Die reine Lesbarkeit ist aber einwandfrei, stellt keine grossen Ansprüche an den Intellekt, ist aber auch nicht ganz flach. Man kann das auch in Etappen lesen, da entgeht einem nichts. Aber, so sehr sich Fred Goodman auch bemüht, meine Meinung über Allen Klein hat sich nicht geändert, zu durchsichtig ist der Weisswaschversuch. Allerdings muss ich zugeben, das Buch hat meine Sicht auf Allen Klein schon etwas abgemildert. Klar, er hat so ziemlich jede/n über den Tisch gezogen (und die etwas mühsamen Rechtfertigungsversuche sind so etwas wie Rauchbomben). Allerdings muss man auch sagen, die Gegenseite hat es ihm auch leicht gemacht. Ob Beatles oder Rolling Stones, deren Management war wohl für die Katze. Sowohl Epstein wie auch Oldham waren, im Vergleich zu heute, totale Amateure die von nichts eine Ahnung hatten. Aber das ist möglicherweise auch den 60ern geschuldet (und natürlich der toxischen Unternehmungskultur in den Plattenfirmen/-verlagen, die ihre Künstler an der extrem kurzen Leine hielten.
Da war man schon mal froh überhaupt einen Plattenvertrag ergattert zu haben und dann kamen eben so Verträge heraus, dass die Bands von jeder verkauften Platte einen Cent erhielten (den sie dann noch auf vier oder fünf Mitglieder aufteilen mussten. Und natürlich das bandeigene Management, welches ihre Klienten ebenfalls nach Strich und Faden beschiss. Die Bands auf einem Retainer und die Herren Epstein und Oldham lebten einen ausschweifenden Lebensstil. Vielleicht ist das ja den Bands aufgefallen, aber man getraute sich nicht einen Schlussstrich zu ziehen, war man doch abhängig von jedem kleinen Jugendclub Gig, den ihnen ihr Manager besorgen konnte. Wahrscheinlich ist es schon richtig, dass Allen Klein Geld in Richtung seiner Klienten schaufelte, dass sie so vorher noch nicht hatten. Als Buchhalter scheint er dafür eine Nase gehabt zu haben und ist vielen Plattenlabels ziemlich auf den Zeiger gegangen, hat er doch grosse Summen (bei vielen Labels) an nicht ausbezahlten Beträgen gefunden, die er meist erfolgreich einforderte (und dann gleichzeitig auch noch immense Verbesserungen der Verträge für seine Kunden erreichte).
Natürlich wird das im Buch sehr gut beschrieben, es waren ja nicht nur ein Vertrag und fertig, das war eine Kette von Vertrag/Nebenvertrag/Nebennebenvertrag und Allen Klein hat sich da wohl Rechte gesichert, die manche Bands im Leben nicht hätten abgeben sollen. Und der Herr Klein hat diese Bands auch nie auf die Folgen aufmerksam gemacht. Im Fall der Rolling Stones wird ja Mick Jagger gerne als der Geschäftsmann hingestellt, allerdings muss das nach der Allen Klein Episode gewesen sein, oder Herr Jagger hat sich damals zu wichtig genommen und gedacht er könne auf Expertenrat verzichten. Bei den Beatles war ja Paul MacCartney derjenige, der den Vertrag mit Allen Klein nicht unterschrieben hat (die anderen drei jedoch schon), obwohl der Kontakt wegen seiner späteren Frau Linda und Herrn Klein zustande gekommen war. Ironie der Geschichte. Aber ohne Paule wäre der Beatles Katalog wahrscheinlich analog der Rolling Stones heute für Amerika im Besitz von ABKCO (mit Abstrichen).
Mit allen Vorbehalten zu dem Buch und seiner etwas einseitigen Betrachtungsweise, muss ich die Lektüre trotzdem empfehlen. Erstens: Die Geschichte gibt es auf einen Schlag. Zweites: Das Buch ist gut lesbar und logisch aufgebaut. Drittens: Wahrscheinlich war Allen Klein nicht der Gangster, den man sich so vorstellt, aber auch nicht Mitglied der heiligen Dreifaltigkeit. Er hat Möglichkeiten gesehen und für sich genutzt und halt seine Klienten damit auch über den Tisch gezogen (auch wenn diese irgendwie profitiert haben).