V/A – Swiss Beat Generation (CD)

V/A – Swiss Beat Generation (CD)

Die 60er-Jahre in der Schweiz, im Zusammenhang mit Beat, sind unterdessen relativ gut dokumentiert. Relativ gut, weil jetzt so ungefähr jede/r seinen/ihren Senf dazu gegeben hat. Die Faktenlage ist etwas besser geworden, aber der/die an zusätzlichen Informationen Interessierte stochert noch immer im Nebel. Vieles an Information ist natürlich verloren gegangen und die Hauptakteure jener Zeit, die kann man auch nicht mehr fragen. Zum Glück gab es immer wieder mal Bemühungen die Szene in Buch- und Tonträgerform dazustellen. Bei Film wird es etwas schwierig, existieren doch so gut wie keine Aufnahmen aus dieser Zeit und wenn, dann sind das meistens Kürzestclips. Aber das ist nicht nur in der Schweiz so, auch Grossbritannien hat und hatte mit diesem Problem zu kämpfen. Wobei dort sehr wohl längere Filmaufnahmen von vielen Musiker/innen existierten, aber z.B. die BBC Bandmaterial sparen musste und vieles davon wegen Bandrecycling gelöscht wurde. Z.B. gibt es von Johnny Kidd And The Pirates meines Wissens nichts was auch nur annähernd als Dokument herhalten könnte. Aber das war nicht nur Desinteresse, so fair muss man schon sein, die technischen Möglichkeiten waren jetzt auch nicht so sensationell.

Auf der CD finden sich vor allem Liveaufnahmen der Dynamites, der Sauterelles und der Sheapes (Restaurant Salmen, Schlieren) und Studioaufnahmen der Gentlemen. Während die Dynamites und die Sheapes aus Basel kamen, waren die Sauterelles eine Zürcher Band und die Gentlemen aus Genf (später unter Wild Gentlemen auf der Achse). Es gibt hiervon keine LP und wahrscheinlich wirds auch nie eine geben. Veröffentlicht wurde der Tonträger von Jaxx Records unter der Katalognummer 7640107 29053 4 (gleichzeitig der Barcode). Tatsächlich ist die Veröffentlichung interessant für jede/n der/die sich für Beat Mitte der 60er in Heidiland interessiert. Und eine preiswerte Alternative zu den doch teilweise sehr raren Originalplatten (meistens 7″s)

Die Sauterelles (mit dem französischen Les – ich wusste nie, und will es auch nicht wissen, was das sollte). Die Sauterelles sind die bekannteste Truppe der vier und haben damals für CH-Verhältnisse tatsächlich einen Pflock eingeschlagen. In aller Bescheidenheit wurden sie damals als die Swiss Beatles gehandelt … äh, ja! Wenn die Band Ende der 60er, Anfang der 70er das Handtuch geworfen hätte, dann wären die bis heute legendär. Dem kam einfach dazwischen, dass die Kapelle und uns Toni den letzten Franken rausholen wollten und zumindest mir die Band ziemlich weit über der Hutschnur steht. Die alten Sachen sind zwar noch immer gut zu hören, aber der verzweifelte Versuch im Jahr 2013 irgend etwas wie Relevanz zurückzubringen konnte nur im Desaster enden. Ich habe die LP/CD bis heute nicht gekauft.

Die Dynamites, die Sheapes und die Gentlemen waren da schon eine andere Nummer. Nicht so erfolgreich wie die Sauterelles, aber auf Grund ihrer Tonträger noch immer ein Vorzeigeprojekt für Beat in der Schweiz. Die ersten beiden schafften damal nur gerade ein paar Singles, was aber unterdessen zumindest mit Sicht auf die Dynamites rektifiziert wurde. Die Gentlemen kamen auch nur zum Lorbeerkranz (LP) nachdem sie sich die Wild Gentlemen nannten. Die Tatsache, dass die meisten Stücke in einem Restaurant aufgenommen wurden, mag eine Eigenart der damaligen CH-Szene gewesen sein, meines Wissens hat so manche Band sich im Saal des Ochsen auf Band verewigt.

Wer jetzt nun denkt das Cover müsste an einem Gig von entweder den Dynamites, den Sauterelles, den Sheapes oder den Gentlemen aufgenommen worden sein, der/die irrt. Der Saal war das damalige Gundelicasino in Basel (es sind drei Bilder im Booklet, die alle die gleiche Bühne zeigen). Und die Band? Ja, die ist gar nicht präsent hier, es handelt sich um einen Gig der Sevens. Das Cover selbst wurde übrigens zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit verwurstet, ist aber irgendwie doch cool genug um noch hundert Mal als Blickfang herzuhalten. So etwa Beatlemania in klein in der Provinz.

 

1            The Dynamites – Tell Me Yes Or No
2            The Dynamites – Too Late
3            The Dynamites  – Don’t Leave Me Behind
4            The Dynamites  – Someone Like Me

5            Les Sauterelles – Hong Kong
6            Les Sauterelles – Forget It All
7            Les Sauterelles – I’m A Prisoner
8            Les Sauterelles – Tonight
9            Les Sauterelles – I Love How You Love Me
10          Les Sauterelles – Janet
11          Les Sauterelles – Hey Girl
12          Les Sauterelles – Routine

13          The Sheapes – The Rhine Beat
14          The Sheapes –   Black Cat

15          The Gentlemen – Say
16          The Gentlemen – Baby Knock On To My Door
17          The Gentlemen – In This World
18          The Gentlemen – I Miss You
19          The Gentlemen – You Never Try
20          The Gentlemen – Scotch
21          The Gentlemen – It Feels So Good

Um den Sauterelles nicht ganz das Wasser abzugraben, Songs schreiben konnten sie, man höre sich nur mal “Forget It All” an, das ist London August, 1965. Zumindest so lange bis der Sänger kommt und in einer, zugegeben, abgemilderten Alpöhi Diktion den Gesang zum Besten gibt. Aber da sind ja auch schon andere daran gescheitert, man denke nur an Lord Ulli. Nur war der nicht in den Bergen zuhause. Die musikalische Leistung auf dieser Kompilation ist fast durchweg exzellent und die Aufnahmequalität, wenn auch nicht audiophil, dann wirklich sehr gut (aber wer erwartet letzteres auch von etwa 35 Jahre alten Aufnahmen, in dieser Zeit machten Aufnahmetechnik und Hardware Quantensprünge – die CD wurde 2001 veröffentlicht).

Ich möchte auch noch auf einen weiteren Sampler hinweisen und zwar “Swiss Beat Live!” mit den Sauterelles (nicht schon wieder!!!), den Dynamites (ja gerne!!!) und den Counts. Ich seh jetzt nicht nach wo das aufgenommen wurde, möglicherweise im Hirschen in Spreitenbach. Dieser Tonträger ist auf CD und LP erhältlich (Vinyl als Reissue, beim Original kommt man zu armen Tagen, vor allem in gutem Zustand). Lohnt sich ebenfalls, aber bei beiden muss wahrscheinlich unterdessen etwas gesucht werden.

P.S.: Der Track “The Rhine Beat” von den Sheapes ist eine verwurschtete Version von “Z’Basel an mym Rhy”, egal welche Version, Original oder die Sheapes, gibt es etwas peinlicheres? Ausser man ist aktiver Fasnächtler.

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