Johnny Cash – Songwriter (CD + LP)

Johnny Cash – Songwriter (CD + LP)

2024 und eine neues Johnny Cash Album steht in den Auslagen der Geschäfte dieser Welt. Als hätten wir nicht schon genug Tonträger des Man in Black in der Sammlung. Haben wir nicht. So ist die Faszination mit Johnny Cash bis zum heutigen Tag, jede Neuveröffentlichung wird willkommen geheissen. Und wenn ich, nach Aussage von John Carter Cash, daran denke was da bei Rick Rubin noch alles im Schrank liegt, ja, da könnte man direkt anfangen Geld zur Seite zu legen. Ich selbst bin kein Hardcorefan, aber seit etwa dreissig Jahren (Anfang bis Mitte der 90er) habe ich tatsächlich Zugang gefunden und mir eine ziemlich stattliche Sammlung aufgebaut. Ich bezeichne mich selbst nicht als irgendwie kompetent, da gibt es andere. Und gewisse Abschnitte seiner Discographie sind definitiv nicht für mich gedacht (z.B. alles was Gospel ist, da kann ich sogar bei Johnny Cash dankend darauf verzichten).

Die CD und die LP bestehen beide aus elf Tracks die kurz vor der Zusammenarbeit mit Rick Rubin aufgenommen wurden. Die Veröffentlichung erfolgte bis jetzt nicht, da der Musiker kurz darauf mit einer etwas anderen Ausrichtung kommerziell neu durchstartete. Die vorliegenden Songs wurden entweder bei einer Hausräumung an einem Wohnsitz von Johnny Cash gefunden (möglicherweise auch im Fundus des LSI Studios) und wenn ich ein Interview mit John Carter Cash richtig interpretiere, dann waren das nicht die einzigen Tracks. Er hielt sich zwar bedeckt, aber die Schlussfolgerung ist nahe (oder er ist ein guter Schauspieler).

Das Wort Leichenfledderei (um mal eventuellen Wind aus den Segeln zu nehmen) möchte ich in diesem Zusammenhang nicht hören. Tatsächlich passen die Aufnahmen in das Oeuvre von Herrn Cash wie die Faust aufs Auge. Allerdings, und das muss man fairerweise zugeben, hätte er in den 80ern einmal mehr keine Chance gehabt dieses Material an den Mann/die Frau zu bringen. 2024 sieht das schon ganz anderst aus. Aber Gemach.

Zäumen wir das Pferd von hinten auf. Es gibt auch eine Doppel-CD, wobei hier der zweite Tonträger mehr oder weniger aus den grossen Hits des Mannes besteht, allerdings in teilweise neuen Versionen (1988). Auch wenn man diese Tracks bis zum Abwinken gehört hat, sie tönen frisch und unverbraucht und die Preisdifferenz zwischen der Einzel-CD und dem Doppeltonträger ist gerade mal um einen Euro rum. Aber man kann ohne leben, wenn man seinen schottischen Vorfahren nicht auf die virtuellen Füsse treten will. Ich kann nicht sagen inwiefern sich die Varianten auf CD2 von den originalen Tracks unterscheiden, aber ich habe nicht zu meckern. Ausser vielleicht, dass die CD auch nur gerade knapp über 30 Minuten dauert.

Was auch der Fall ist bei CD 1, knapp über 30 Minuten and that’s it folks. Die LP selbst gibts es nur mit den elf Tracks. Ich hatte den Vorausclip eines der Songs im Internetz gesehen und bin ein bisschen in die Irre geleitet worden. Es war dieser typische Boom Chicka Boom-Sound, es könnte „Sing It Pretty Sue“ gewesen sein. Jedenfalls fand ich nicht nur den Song grossartig, sondern auch das zugehörige Video, welches total an das Gefühl des Songs angepasst war. Beim hören habe ich allerdings festgestellt, dass von diesen elf Songs nur etwa deren drei im vorerwähnten Sound dargebracht werden. Aber das ist auch o.k. weil …

Die Songs wurden von John Carter gestripped bis nur noch Johnny Cash’s Stimme und seine Gitarre übrig blieb. Dann wurden die Songs neu aufgebaut mit einer Truppe, die sich gewaschen hat. Dan Auerbach, Vince Gill, Mark Howard, Matt Combs, Sean Sullivan und Marty Stuart. Das Resultat, kein Abfallprodukt, topsauberer Gesang und glasklare Instrumente und für mich tatsächlich ein Highlight.  So muss das! Respektvoll und von den richtigen Personen gezimmert.

… neben den ca. drei Boom Chicka Boom-Tracks gibt es vor allem Balladen, aber was für welche. Tiefgründige Texte (ich bin sonst eher der Musikhörer, aber hier bin ich wieder mal den Lyrics gefolgt). Hier kommt mir Johnny Cash sehr gebrechlich vor und damit meine ich nicht seine körperliche Verfassung, die damals noch ziemlich gut war, nein, eine Phase mit Rückblicken auf sein Leben und mit sehr persönlichen Texten. Für mich ist das fast eine der persönlichsten Vorstellungen von Herrn Cash. Irgendwie kommen diese Songs auch traurig und resignierend rüber, aber definitiv nicht weinerlich.

Wenn jemand bis heute nichts mit dem Man in Black anfangen kann, den/die werden auch diese Songs nicht umdrehen. Aber alle anderen die mehr als eine „Best Of“ des Mannes im Regal haben, denen muss ich gar nicht sagen wie wichtig das Album ist. Die haben es bereits und wahrscheinlich mehr gehört als ich in der Zwischenzeit.

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