Immer an der Seite der britischen Arbeiter – Alles eine Frage der Haltung
Gehversuche von Kindheit an – Stephen William Bragg wurde kurz vor Weihnachten 1957 im Großraum Nord-Ost-London (genauer Barking, Essex) geboren. Braggs Vater starb 1976 an Lungenkrebs und 2011 seine italienisch stämmige Mutter. Der 12-jährige Billy entwickelte jedoch Interesse an Poesie, als sein Englischlehrer in Barking ihn auswählte, um ein Gedicht, das er als Hausaufgabe geschrieben hatte, in einem lokalen Radiosender vorzutragen. Ebenso widmete er, mit Unterstützung von seinem Nachbarn, Jugendfreund und späteren Langzeit-Weggefährten Philip Wigg (Wiggy), viel Energie dem Studium der Gitarre. Dadurch wurde er musikalisch direkt mit den frühen britischen Helden Faces, Pretty Things, Rolling Stones und Small Faces konfrontiert. In dieser Teenagerzeit kam er auch mit Blues, Folk und Polit-Rock in Berührung, nannte auch Simon & Garfunkel und Bob Dylan als frühe Einflüsse auf sein Songwriting. Später während des Aufschwungs von Punk-Rock und New Wave in den späten 70er inspirierte ihn auch Elvis Costello. Besonders wurde er aber von The Clash beeinflusst, die er auf ihrer White Riot Tour (Mai 1977, London) und erneut auf einem Rock Against Racism Veranstaltung (April 1978) live gesehen hatte. Das war die Initialzündung für seine Hinwendung zur Welt der Musik die für politischen Aktivismus eintritt. Schon 1977 gründete Bragg, eben zusammen mit Wiggy, die Punk-Pub-Rock-Band Riff Raff. Diese Band zog 1978 ländlich nach Northamptonshire. Dort nehmen sie eine Reihe von Singles auf, veröffentlichen zuerst auf dem unabhängigen Label Chiswick Records, später jedoch noch vier weitere auf dem eigenen Label Geezer Records. Alle insgesamt sechs Singles blieben unbeachtet, sind aber noch einmal als 13-teilige Kompilation »The Singles 1977-1980« beim eigenen Label von Billy Bragg (BB 5200) erschienen. Nach einigen Auftritten in Northamptonshire und London kehrten sie in die Heimat Barking zurück und lösten sich schließlich mangels Erfolg 1980 auf.
Weitere vorsichtige Gehversuche – Billy Bragg nahm danach einige Gelegenheitsjobs an, unter anderem arbeitete er im Plattenladen vom neuseeländischen Schlagzeuger Guy Norris (Solatudes aus Christchurch, einzige Single 1981 »Home Again«). Er war nun etwas ziellos, die erhoffte Musikkarriere war ins Stocken geraten, desillusioniert trat er im Mai 1981 als Rekrut in die britische Armee ein. Nach einer dreimonatigen Grundausbildung kaufte er sich für 175 Englische Pfund frei und kehrte überraschend nach Hause zurück. Bragg erzählt: „Ich wollte lernen Panzer zu fahren. Die 175 Pfund, die ich bezahlt habe, um wieder rauszukommen, waren das am besten ausgegebene Geld meines Lebens.“. Nach drei Monaten steht er wieder bei jeder sich anbietenden Gelegenheit mit Gitarre und Verstärker auf der Straße. Diesmal mit gefärbten Haaren, um dem neuen Lebensabschnitt Ausdruck zu verleihen. Durch seine wütenden Texte erntet er bald den Spitznamen One Man Clash. Billy begann jetzt häufiger Konzerte zu geben und mit einer E-Gitarre unter dem Namen Spy Vs. Spy (nach einem Comicstrip der Zeitschrift Mad) durch London zu ziehen. Sein Demo-Band fand zunächst keine Resonanz in der Plattenindustrie, aber es gelang ihm sich in das Büro des A&R-Mannes Peter Jenner von Charisma Records einzuschleichen. Produzent Jenner, der durch seine Zusammenarbeit mit beispielsweise Kevin Ayers, Edgar Broughton, Roy Harper, Third Ear Band, Sharks, Syd Barrett, Ian Dury, schon einen großen Namen hatte, gefiel das Material. Aber seine Firma stand leider kurz vor dem Bankrott, hatte also kein Budget um neue Künstler unter Vertrag zu nehmen. Bragg bekam aber das Angebot weitere Demos für den Musikverlag Chappell & Co. aufzunehmen, so dass Jenner doch zustimmte die Lieder unter der eigenen Flagge Billy Bragg als LP »Life’s A Riot With Spy Vs. Spy« (Juli 1983, Utility) zu veröffentlichen. Auch beim legendären BBC-Radio-DJ John Peel (von dem stammt auch laut Überlieferungen der Begriff Krautrock) schlich er sich trickreich während einer Sendung ein. Das führte dazu, dass der DJ »The Milkman Of Human Kindness« vom besagten 83er-Debüt spielte. Allerdings versehentlich in der falschen Geschwindigkeit, da die 12-Zoll-LP unkonventionell auf 45 RPM (Format von Maxi-Vinyl) zugeschnitten war. John Peel bestand aber darauf, dass der Song in einer späteren Sendung noch einmal in der richtigen Geschwindigkeit abgespielt würde. In der Zeit wurde Charisma von Virgin Records übernommen und Jenner, der zwischenzeitlich entlassen worden war, wurde Braggs Manager. Der Pressesprecher Andy MacDonald von Stiff Records, der gerade sein eigenes Plattenlabel Go! Discs gründete, erhielt eine Kopie von »Life’s A Riot With Spy Vs. Spy« (#30 UK-Charts). Er machte Virgin ein Angebot und das Album wurde auf Go! Discs im November 1983 zum niedrigen Festpreis von unter drei Pfund noch einmal veröffentlicht und viel breiter gestreut.
Der Rebel geht nun viel stabiler – Erfolgreich profiliert er sich als politischer Barde und setzt sich an die Spitze der Anti-Thatcher-Bewegung. Zu dieser Zeit wurde Andy Kershaw, später wurde er BBC-DJ und Fernseh-Moderator und zusammen mit Bragg trat er 1989 in einer Episode der BBC-Fernsehsendung »Great Journey’s« auf, von Jenner als Braggs Tour-Manager eingestellt. Obwohl nie als Bragg-Single veröffentlicht, wurde der Albumtitel und Live-Favorit »A New England« mit zwei zusätzlichen Versen im Januar 1985 ein Top-Hit für Kirsty MacColl in UK (#7 Single-Charts). Weitere Versionen gab es später von der Hamburger Punkband Rantanplan, den Beatsteaks und von Jamie T. Seit MacColls frühem tragischen Tod (Badeunfall in Mexiko 2001) singt Billy Bragg live immer die zusätzlichen Strophen Kirsty zu Ehren. Bereits 1984 tourte Bragg mit Style Council durch Großbritannien. Noch im selben Jahr veröffentlichte er »Brewing Up With Billy Bragg«, eine Mischung aus politischen Liedern wie »It Says Here« und Liedern über unerwiderte Liebe wie »The Saturday Boy«. 1985 folgte bereits »Between The Wars«, eine EP mit politischen Liedern, die auch eine Cover-Version von »The World Turned Upside Down« (Leon Rosselson) enthielt. Die EP erreichte die Top 20 der britischen Singles-Charts und brachte Bragg einen Auftritt bei Top Of The Pops ein, wo er den Titelsong sang. Später arbeitete Bragg mit Rosselson an dem Song »Ballad Of A Spycatcher« zusammen. Im selben Jahr unternahm er mit Freund Wiggy als Tour-Manager seine erste Nordamerika-Tournee im Vorprogramm von Echo & The Bunnymen, die im Osten Washington D.C. begann und im Westen Los Angeles endete. Auf derselben Reise stellte Bragg in New York sein Portastack vor, ein autarkes, mobiles PA-System mit einem Gewicht von circa 18 Kilogramm (entwickelt für 500 Englische Pfund von Ingenieur Kenny Jones), dessen Tragen zu einem archetypischen Bild des Sängers in dieser Zeit wurde. Mit dieser Anlage konnte er beispielsweise vor dem New Music Seminar, einer Konferenz der Plattenindustrie, als lautstarker kritischer Straßenmusiker auftreten.
Das Geh-Tempo wird schneller – 1986 veröffentlichte Bragg »Talking With The Taxman About Poetry«, dass sein erstes Top-10-Album wurde. Der Titel ist einem Gedicht von Wladimir Majakowski entnommen und eine übersetzte Version des Gedichts war auf der Innenhülle der Platte abgedruckt. »Back To Basics« ist eine 1987 erschienene Zusammenstellung seiner ersten drei Veröffentlichungen: »Life’s A Riot With Spy Vs. Spy«, »Brewing Up With Billy Bragg« und »Between The Wars«. Im Mai 1988 hatte er seinen einzigen Nummer-1-Hit, eine Coverversion von »She’s Leaving Home« von den Beatles, die sich die A-Seite mit »With A Little Help From My Friends« von Wet Wet Wet teilte. Beide Titel stammten aus einer 13-teiligen Cover-Neuaufnahme von Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band mit dem Titel »Sgt. Pepper Knew My Father«, die vom New Music Express (NME) zu Gunsten der Wohltätigkeitsorganisation Childline koordiniert wurde. Die Cover-Version von Wet Wet Wet dominierte die Radiosendungen und das Video wurde drei Wochen lang bei Top Of The Pops gezeigt; in der vierten Woche trat Billy Bragg in der Sendung auf, um sein Cover zu spielen, mit seiner regelmäßigen Begleiterin Cara Tivey (The New Four Seasons) am Klavier. September 1988 veröffentlichte Bragg sein viertes Album »Workers Playtime«. Hier hat Bragg mit Pianistin Tivey, Danny Thompson am Kontrabass und den Schlagzeug-Veteran Micky Waller eine komplette Begleitband dabei, produziert von Joe Boyd, Co-Produktion und Gitarrenarbeit Kumpel Wiggy. Im August 1989 war Bragg die Frontstimme auf dem Sampler »Levi Stubbs Tears« vom Elektro-Papst Norman Cooks britischem Top-40-Hit »Won’t Talk About It«, der zusammen mit »Blame It On The Bassline« eine Doppel-A-Seite bildete. Der Titel wurde ein Jahr später ein noch größerer Hit, bei dem dann Billy Bragg durch Lindy Layton als Leadsängerin ablöst wurde. Im Mai 1990 veröffentlichte Bragg die politische Mini-LP »The Internationale« die diesmal nur Platz 34 in den britischen Charts erreichte. Sein sechstes Studioalbum »Don’t Try This At Home« mit ambitionierter Instrumentierung als Doppel-Vinyl wurde im Dunstkreis der Vorbereitungen für den Golfkrieg aufgenommen, was auch den Titel »Rumours Of War« inspirierte. Obwohl es soziale Kommentare enthält (»The Few«, »North Sea Bubble«), war es als eher kommerzielles Pop-Album gedacht und wurde im September 1991 veröffentlicht. Bragg meinte: „ein sehr weitreichender Versuch, den Ball zwischen die Pfosten zu spielen.“ Die erste Single war das beschwingte »Sexuality«, das trotz eines zugänglichen Videos und eines Dance-Remixes auf der B-Seite wieder nur Platz 27 der britischen Singles-Charts erreichte. Nach einem Vorstoß des konkurrierenden Labels Chrysalis wurden Bragg und Jenner von Go! Discs (Andy und Juliet MacDonald) überredet, einen Vertrag über vier Alben für einen Vorschuss von einer Million Pfund zu unterzeichnen; im Gegenzug würde MacDonald die Alben mit Singles und Videos promoten. Ein kommerziellerer Sound und aggressives Marketing hatten keine nennenswerten Auswirkungen auf die Albumverkäufe, und nach einer zermürbenden, 13-monatigen Welttournee mit einer kompletten Band (den Red Stars unter der Leitung von Gitarrist Wiggy) und einer Zeit der erzwungenen Rekonvaleszenz nach einer Blinddarmentzündung verließ Bragg dann Go! Discs im Sommer 1992 und zahlte den Rest seines Vorschusses zurück, um im Gegenzug alle Rechte an seinem Backkatalog zu erhalten.
Das Schritttempo wird etwas reduziert – Nachdem Billy Bragg eine Auszeit genommen hatte um sich um Frau und Sohn Jack zu kümmern, veröffentlichte er das musikalisch einfachere, textlich persönlichere und sogar spirituelle Album »William Bloke« (1996). Später mit Helfer Johnny Marr (The Smiths, The The) noch die EP »Bloke On Bloke« (1997). Etwa zu dieser Zeit bat Nora Guthrie (Tochter des amerikanischen Folk-Legende Woody Guthrie) Billy, nicht aufgenommenen Lyrik ihres Vaters zu vertonen. Das Ergebnis war eine Zusammenarbeit mit der Band Wilco und Natalie Merchant (mit der Billy Bragg bereits schon zuvor mal zusammengearbeitet hatte). Sie veröffentlichten 1998 »Mermaid Avenue« und »Mermaid Avenue Volume II« (2000). Das erste Album wurde für einen Grammy in der Kategorie Best Contemporary Folk Album nominiert. Das dritte Album »Mermaid Avenue Volume III« und »The Complete Sessions« (mit einer Dokumentation auf DVD) folgten 2012 anlässlich des hundertjährigen Jubiläums von Woody Guthrie. Ein Zerwürfnis mit Wilco über das Abmischen und die Reihenfolge des ersten Albums führte dazu, dass Bragg seine eigene Band The Blokes rekrutierte, um das Album live zu präsentieren. Zu den Blokes gehörte auch der Keyboarder Ian McLagan, der in seiner Jugend Mitglied von Braggs Band The Faces gewesen war. Der Dokumentarfilm »Man In The Sand« zeigt die Rolle von Nora Guthrie, Bragg und Wilco bei der Entstehung der »Mermaid Avenue«-Alben. Während der Mermaid-Sessions zieht er von London ins ländliche Dorset, »England, Half-English« (2002), die beiden üppigen Boxen »Volume 1« und »Volume 2« (Cooking Vinyl, 2006) sowie sein Buch »The Progressive Patriot« (2006: Bantam Press, mit CD-Kompilation) erscheinen. Mit Zusammenarbeit beim Kollektiv The Imagined Village näherte sich Bragg 2007 wieder seinen ursprünglichen englischen Volksmusikwurzeln. Das Album »Mr. Love & Justice« wurde im März 2008 veröffentlicht und ist nach »England, Half-English« das zweite Bragg-Album, das nach einem Buch von Colin MacInnes benannt wurde. Im selben Jahr sang Billy bei der Verleihung der NME-Preise ein Duett mit der britischen Solo-Künstlerin Kate Nash. Sie mischten zwei ihrer größten Hits, wobei Nash »Foundations« spielte und Bragg wieder einmal »A New England« neu interpretierte. Das London Philharmonic Orchestra führte 2009 »Ode An Die Freude« (mit neuen Texten von Bragg) in der Royal Festival Hall vor der Queen auf, die Bragg anschließend persönlich traf. Das Arbeiterkind aus Barking trifft die Königin des Commonwealth, die unbequeme Stimme von One Man Clash wurde endlich Royal erhört.
Es läuft und läuft – April und Mai 2010 war Bragg an der Inszenierung »Pressure Drop«, eine Kombination aus Installation, Musik, Theater, in London beteiligt und er trat während den Aufführungen mit seiner Band auf, fungierte sogar als Moderator. Weitere Aktivitäten in dem Zeitraum: 2-mal Kurator der Leftfield-Bühne (Glastonbury-Festival), Projekt Sixty-Six Books des Bush Theatre (2011), Hay Literary Festival (Juni 2012), Cambridge Folk Festival (2012). Fünf Jahre nach »Mr. Love & Justice« wurde 2013 das Studioalbum »Tooth & Nail« (inklusive Woody-Guthrie-Cover und ein Titel für Bush Theatre) veröffentlicht. Stilistisch eine Weiterentwicklung Richtung Americana und Alternative Country, kommerziell ein Erfolg und sein bestes Chart-Album seit »Don’t Try This at Home« (1991). Billy Bragg veröffentlichte 2014 »Live At The Union Chapel« (Auftritt London 5. Juni 2013) mit Songs von »Tooth & Nail« sowie Favoriten aus seinem Backkatalog. Die Tour 2014 führte durch ganz Europa und er machte auch Stopp bei großen europäischen Festivals (siehe unten Fotostrecke Herzberg Festival 2014). 2016 erhielt er erneut mehrere Auszeichnungen und im August veröffentlichte Bragg sein elftes Album »Shine A Light: Field Recordings From The Great American Railroad« (UK: Album #28, Americana #1), eine Zusammenarbeit mit Joe Henry, aufgenommen an verschiedenen Punkten einer Zugreise wieder von Ost nach West zwischen Chicago und Los Angeles. Die beiden starteten im September 2016 beim Americana Music Festival in Nashville eine Shine A Light-Doppel-Tournee, die sie durch USA, Kanada, UK, Irland, Neuseeland und Australien führte. »Roots, Radicals and Rockers« (Faber & Faber), eine Geschichte der britischen Skiffle-Bewegung, ist Braggs zweites Sachbuch, die eine Entwicklung dieser Musikform von ihrem Boom in den 50er bis hin zu Ragtime, Blues, Jazz und amerikanischer Folkmusik nachzeichnet. Im November veröffentlichte er alle sechs Tracks des Mini-Albums »Bridges Not Walls« als Downloads über die Billy-Bragg-Website, gefolgt von der Single »Full English Brexit« (Cooking Vinyl). Seine offizielle Biografie »Still Suitable For Miners« erscheint 2018 zum 20-jährigen Jubiläum als aktualisierten Ausgabe, Mai 2019 die polemischen Texte »The Three Dimensions Of Freedom« (Faber & Faber). Während er in den Jahren der Pandemie nicht auf Tournee gehen konnte, begann Bragg mit der Arbeit an neuem Material. Das Ergebnis war sein dreizehntes Studioalbum »The Million Things That Never Happened« (Oktober 2021). Letzter Höhepunkt, im Februar 2023 kündigte Billy Bragg eine Kompilationsreihe mit dem Titel »The Roaring Forty« an, mit der er 40 Jahre seines musikalischen Schaffens würdigen wollte. Dazu gehörte eine Einzel-LP-Zusammenstellung mit 13 Titeln, eine Dreifach-LP/Doppel-CD mit 40 Titeln und eine 14-teilige CD-Box (Label übergreifend) mit rund 300 Liedern. Später kündigte er noch die Roaring Forty Tour an, die von September bis Dezember 2023 in Großbritannien, Irland, USA und auf dem europäischen Festland stattfinden sollte. Die Tour soll 2024 fortgesetzt werden.
Politisches Schaulaufen – Während seiner mehr als 30-jährigen Karriere als Musiker hat sich Billy Bragg immer wieder für politische Basisbewegungen engagiert, die meist links orientiert sind, was sich auch oft in seinen Texten widerspiegelt. Er hat auch Cover-Versionen berühmter sozialistischer Hymnen wie »The Internationale« und »The Red Flag« aufgenommen und aufgeführt. Bragg im Interview: „Es macht mir nichts aus, als politischer Songwriter bezeichnet zu werden. Was mich stört, als politischer Songwriter abgetan zu werden.“ Polit-Aktivist und Musiker-Legende Billy Bragg liefert mit dem Buch »Die Drei Dimensionen Der Freiheit« (EN: 2019, DE: 2020) zuletzt einem scharfsinnigen Aufsatz zu den Themen unserer Zeit, einen interessanten Beitrag zur politischen Debatte. „Wir leben in einem Zeitalter der Wut. Viele Leute haben das Gefühl, dass ihre Stimmen ignoriert werden von distanzierten Eliten, die nicht länger bereit sind, für ihre Handlungen Verantwortung zu übernehmen. Dass dies geschehen ist, war kein Versehen. Es ist die Kulmination von jahrzehntelangen Rückzugsgefechten, um die Demokratie zu neutralisieren und jene auszugrenzen, die die drei Dimensionen der Freiheit einfordern: Liberalität, Gleichheit und Verantwortlichkeit.“ Knackiger kann man nicht erklären, warum unsere westlichen Demokratien inzwischen in so einem schlechtem Zustand sind und immer stärker zerfallen !!
The Roaring Forty: 1983-2023 Super Deluxe – Ein limitiertes 14-CD-Buch-Paket (Cooking Vinyl, 2023). Dieses karriereübergreifende Set enthält mehr als 300 Tracks, darunter die zwölf Studioalben von Billy Bragg mit massenhaft zeitlich passendes Bonusmaterial, »Mermaid Avenue« komplett, Non-Album-Singles und B-Seiten, Session-Titel, seltene Live-Aufnahmen, Kollaborationen und bisher unveröffentlichtes Material aus seiner gesamten Karriere. Das 14-CD-Box-Set ist mit einem 12 Zoll großen, klebegebundenen Buch verpackt, das Bilder von 40 bedeutenden Objekten aus Billys Karriere enthält, jedes davon atemberaubend fotografiert und begleitet von Beschreibungen und Erinnerungen dieses charismatischen Mannes selbst. Wie bei einer Karriere, die sich über viele Genres erstreckte, nicht anders zu erwarten, hat Billy mit einer Fülle von gefeierten Musikern mit unterschiedlichem musikalischem Hintergrund zusammengearbeitet, die auf diesem Box-Set zu hören sind. Diese Werkschau ersetzt mit noch viel mehr Material die beiden 2006 erschienen Boxen »Volume 1« und »Volume 2« (decken die Karriere nur bis »England, Half-English« ab) und sind tatsächlich die ultimative Schatztruhe von Rebell Billy Bragg. Nicht nur die ultraharten Fans sollten über eine Anschaffung nachdenken. Wer noch nicht viel Material von Billy in seiner Sammlung hat und gute rockige Liedermacher mag, der sollte sich mit diesem Paket eindecken.
Vielleicht kennt der eine oder andere Musikliebhaber des politischen Rockzirkus diesen unbequemen britischen Grandler aus Barking. Wenn nicht, dann hoffe ich das meine Beschreibung etwas Appetit gemacht hat auf Billy Bragg. Er ist der moderne Woody Guthrie und einer der sicher weiter seine Finger tief in die Wunden der Anti-Demokraten legt oder bei nicht Vorhandensein auch Wunden schlägt, ähnlich wie auch Nobert Egger aus Berchtesgaden. Hoffentlich bleibt die Beiden weiter so kämpferisch. (Kachel-Foto: Karen Mc Bride)
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Fotostrecke Billy Bragg beim Herzberg Festival 2014: