McGuinness Flint – Brit-Barden 6

Ein englisches Quintett aus überragenden Multi-Instrumentalisten

Bei meinem letzten Text in dieser Serie über Christine Anne Perfect bin ich auch bei der Recherche über diese interessante Band gestolpert. Die Geschichte von McGuinness Flint war eine Studie der Frustration, fast schon wieder tragisch, sowohl für die Band-Mitglieder als auch für die vielen Fans. In sieben Jahre lang erspielten sie sich in verschiedenen Formen eine treue Anhängerschaft in England, hatten etliche Chart-Hits. Der größte Hit, mit einstelligen Chart-Positionen, war »When I’m Dead And Gone«. Aber in Nordamerika und Australien waren sie kaum mehr als ein Geheim-Tipp. Und dass trotz einer hochkarätigen Besetzung, guten Kompositionen und einem signifikanten Sound, der für die damalige Zeit durchaus schon überdurchschnittlich war. Nach der Auflösung von Manfred Mann, schloss sich 1970 deren Rhythmus-Gitarrist und Bassist Thomas John Patrick McGuinness mit dem Schlagzeuger Hughie Flint zusammen. Der hatte zuvor bei John Mayall & The Bluesbreakers gespielt. Zum Musiker-Team A gesellten sich der Keyboarder und Sänger Dennis Coulson sowie das schottische Songschreiber- und Multiinstrumentalisten-Team B Benny Gallagher und Graham Hamilton Lyle. Sie waren in vielerlei Hinsicht ein höchst ungewöhnliches Quintett.

BBC Radio 1 Club Session

Tom McGuinness – Bevor er sich dem Blues und Jazz zuwandte und sich danach Manfred Mann anschloss, war er ein echter Skiffle-Enthusiast gewesen. Er war auch sehr versiert an der Gitarre. Nach einer kurzen Zeit bei den Roosters von Eric Clapton schloss sich Tom McGuinness in den frühen 60ern Manfred Mann als Bassist an, wo er in einer Besetzung mit Paul Jones und Mike Hugg auftrat. Der fieseste in der Truppe, wie Tom von sich selbst behauptete, ersetzte dort den jazzigen Bassisten Dave Richmond. Zitat Tom: „Sie hatten einen großartigen Bassgitarristen, aber er stand eher auf Charles Mingus und solche Sachen, wie die ganze Band. Aber er weigerte sich, einfachere Basslinien zu spielen, die zu Bo Diddley-Nummern passen würden. Er spielte unglaubliche 3/4-Linien und solche Sachen. Also kam ich dazu und hatte den überwältigenden Vorteil, dass ich nicht wirklich Bassgitarre spielen konnte, also spielte ich einfach.“ Nach weiteren Besetzungswechseln übernahm McGuinness dann die rhythmische Gitarrenarbeit. Dafür zupfte Jack Bruce und später auch Klaus Voormann den Viersaiter. Seine National Steel-Gitarre wurde zu einem wichtigen Bestandteil des Gruppen-Sounds und war auf Hits wie »Pretty Flamingo« (1966) zu hören. Er komponierte viele Titel für Manfred Mann, vor allem bekannt »L.S.D.« (1965: Mann Made), »One Way« (1967) und »Cubist Town« (1968: Mighty Garvey!). Nachdem sich Manfred Mann 1969 aufgelöst hatte, gründete er mit Hughie Flint sofort McGuinness Flint, die sich aber bereits 1975 wieder auflöste. Später schloss er sich Paul Jones und Gary Fletcher in The Blues Band an und trat auch 2016 noch in dieser Besetzung der Band auf. McGuinness schrieb 1986 das Buch »So You Want To Be a Rock and Roll Star«, war auch politisch aktiv und er trat auch mit The Manfreds auf, einer Splittergruppe von Manfred Mann, die aus der Besetzung der Manfred-Mann-Band der 60er gebildet wurde, allerdings ohne Manfred.

McGuinness Flint (1970)

Happy Birthday Ruthy Baby

Lo And Behold (09-1972)

Hughie Flint – Der Schlagzeuger aus dem englischen Manchester war sicher Top in der frühen britischen Blues-Rock-Szene. Seine erste Station, mit nur 22 Lenzen direkt als Berufsmusiker, war schon 1963 bei den The Bluesbreakers von John Mayall. Er wirkte auf »John Mayall Plays John Mayall« (1965) und »Blues Breakers With Eric Clapton« mit. Hier ist die Schnittmenge mit Tom McGuinness, der vorher auch mit Eric Clapton zu einem früheren Zeitpunkt zusammengearbeitet hatte. Hughie Flint arbeitete danach rege in der Blues-Szene, unter anderem mit Alexis Korner, Savoy Brown, Aynsley Dunbar, Arthur „Big Boy“ Crudup und vielen anderen, gründete dann seine erste eigene Band zusammen mit Tom McGuinness. Der frühe Erfolg der Gruppe McGuinness Flint erwies sich jedoch als kurzlebig. Trotz der Produktionskünste von Glyn Johns und der Begleitung durch den Pianisten Nicky Hopkins bedeutete ihr zweites Album »Happy Birthday, Ruthy Baby« das Ende der Originalbesetzung, 1975 löste sich die Band dann auf. Flint spielte ab 1971 auch bei der Bonzo Dog Band und trat mit ihr bis zu ihrem letzten Album »Let’s Make Up And Be Friendly« auf. Eine weitere Karriere-Station war Chanter, auf deren Album »Suburban Ethnia (1977) er Schlagzeug und Bodhrán spielt. Hughies letztes größeres Band-Projekt war The Blues Band, eine Supergruppe, zu der noch Dave Kelly, Gary Fletcher, Tom McGuinness und ein weiterer Manfred-Mann-Veteran, der Komponist, Sänger und Harmonikaspieler Paul Jones, gehörten. Ihr Debüt »The Official Bootleg Album« wurde 1980 veröffentlicht, und Flint wirkte auch auf den Folgealben »Ready« (1980) und »Itchy Feet« (1981) mit, bevor er dann diese Gruppe verließ. 1995 trat Flint in der BBC-TV-Dokumentation Rock Family Trees auf, um über die Geschichte der The Bluesbreakers und die vielen Verzweigungen dieser Band zu sprechen. Zu dieser Zeit arbeitete er als Pförtner am Mansfield College in Oxford, wo er 2007 in den Ruhestand ging. Flint wirkte unter anderem auch auf Platten von Georgie Fame, Jack Dupree und Tom Newman mit. Tom ist wie beispielsweise Norbert Egger seiner Lieblingsmusik treu geblieben beziehungsweise hat zu ihr zurückgefunden, macht weiter seine Herzensmusik, den Blues !!

McGuinness Flint: Promo_7

McGuinness Flint – Wie bereits gesagt, das Team B bestand aus dem Pop-Songwriter-Duo Benny Gallagher und Graham Lyle, die standen sogar einmal kurz bei Apple Records unter Vertrag. Das Quintett McGuinness Flint hatte ihren ersten weltweiten Erfolg mit »When I’m Dead And Gone«, das Ende 1970 sofort Platz zwei der britischen Charts erreichte. Der Song erreichte jedoch nur mäßige Platzierungen außerhalb von Europa. Das selbstbetitelte Debüt-Album (12-1970) war eine Top-Ten-LP in England. Es folgte der Roots-Titel »Malt And Barley Blues«, der in England immerhin noch Platz fünf erreichte. Aber die Forderung der damaligen gierigen Musik-Industrie nach einem schnell folgenden zweiten Album, zusammen mit den damals üblichen ausgiebigen Tourneen, forderten schon früh ihren Tribut von der Gruppe, brachten Druck und in der Folge die Band ins Straucheln. Das alles sowie die Schwierigkeiten die ausgefeilten Kompositionen angemessen auf die Bühne zu bringen, führte zu einigen enttäuschenden Auftritten und weiteren steigenden Spannungen im Gefüge der Truppe. Nach Angaben von McGuinness bestand die Band zu dieser Zeit aus zwei Teams von eng befreundeten Musikern: Flint, McGuinness und Coulson sowie Gallagher und Lyle. Obwohl diese beiden Gruppen im Allgemeinen gut miteinander auskamen, bestand eine wesentliche Meinungsverschiedenheit zwischen ihnen darin, dass Team A der Meinung war, die Band sollte sich verstärkt auf das Touren und die Auftritte konzentrieren. Das Team B mit Komponisten Gallagher-Lyle war eher der Meinung, die Band solle sich auf das Songschreiben und die Aufnahmen konzentrieren. Der Nachfolger »Happy Birthday, Ruthy Baby« (07-1971) war zwar noch ehrgeiziger als sein Vorgänger, aber es fehlte ein echter großer Chart-Hit um die Verkaufszahlen damit anzukurbeln. Es wurde ein kommerzieller Misserfolg. Team B verließen Ende 1971 die Gruppe und machten als Gallagher & Lyle dann nur noch ihre eigenen Alben. McGuinness und Flint machten jedoch mit dem Bassisten Dixie Dean weiter und nahmen als Quartett das Album »Lo And Behold« (09-1972) auf. Im Gegensatz zu den beiden früheren Platten, die in Nordamerika kaum ein Publikum gefunden hatten, wurde dieses Album dort zu einem Kultobjekt, da es auf Bob-Dylan-Songs basierte, die Dylan damals noch nicht offiziell in seinen eigenen Interpretationen veröffentlicht hatte. Die Besetzung der Gruppe änderte sich jedoch weiter, als Dennis Coulson (starb am 15. Januar 2006) ausstieg und durch Lou Stonebridge an den Keyboards ersetzt wurde und Jim Evans als zweiter Gitarrist hinzukam. Sie nahmen zwei weitere Alben für Bronze Records auf, »Rainbow« (09-1973) und »C’est La Vie« (10-1974), aber schon zu diesem Zeitpunkt war klar, dass ihre Zeit auch in England vorbei war, und sie beendeten ihre Karriere 1975. Drei Jahre später nächster Versuch, diesmal als Stonebridge McGuinness, mit der Single »Oo-Eeh Baby«. Der bescheidene Chart-Erfolg mit Nummer 54 in Großbritannien, führte zu weiteren Singles und dem einzigen Album »Corporate Madness« (1980, RCA Records). Die Wege von McGuinness und Flint kreuzten sich später aber noch einmal, als sie in den 80ern als Mitglieder der The Blues Band, die vom ehemaligen Manfred-Mann-Sänger Paul Jones geleitet wurde, noch einmal zusammen musizierten. Das McGuinness Flint Live auch eine gute Figur machten, kann man seit 2002 auf dem Album Malt & Barley Blues (BBC Radio 1 Club Session 1970-1974) wieder nachhören.

Rainbow (09-1973)

C’est La Vie (10-1974)

The Capitol Years (1999)

Insgesamt haben McGuinness Flint fünf durchaus gute Alben mit eingängigen Melodien aufgenommen. Alle Aufnahmen für Capitol Records, das sind »McGuinness Flint« und »Happy Birthday, Ruthy Baby« sowie die damaligen begleitenden Singles, sind deren bemerkenswertes Vermächtnis. Alles bekommt man komplett mit 26 Titeln auf einer wie immer sehr schönen EMI-Kompilation »The Capitol Years« klanglich überarbeitet geliefert. Für mich sind damals mehrere falsche Entscheidungen getroffen worden. Ja: man hätte mehr Live auftreten müssen, Ja: man hätte sich länger für das zweite/dritte Album Zeit nehmen sollen, Ja: der Weggang von Gallagher und Lyle war voreilig und künstlerischer Aderlass (denn sie hatten als Duo keinen signifikanten Erfolg), Ja: Es ist eine Schande, dass diese außergewöhnlichen Talente nicht mehr Anerkennung erhalten haben. Aber die Zeiten waren damals hart für britische Musiker, darüber berichten wir immer wieder im Rockzirkus. Einige wenige haben viel verdient, die anderen haben das Material geliefert (Texte, Musik, Fotos, Technik, Grafik, Design) und dafür nur Almosen bekommen. Das ist bis heute leider so geblieben. Tragisch wie die Geschichten die in einer anderen Serie als Highlights die unfassbaren Tragödien beschreiben. McGuinness Flint waren von Gründung an eine sehr unterbewertete Band. Den einen waren sie zu Poppig, den anderen zu wenig Folkig. Andere behaupten sie hätten zu viel aus anderen Schubladen benutzt. Die Wahrheit ist, es war ein Kollektiv von erstklassigen Blues-Musikern, die wegen den Umständen zu wenig Glück hatten sowie Aufmerksamkeit bekommen haben. Die Rockzirkus-Mannschaft kümmert sich darum das sie NICHT in Vergessenheit geraten !!

Malt & Barley Blues (06-2002)

Corporate Madness (1980)

McGuinness: Second Glance

Wer sich weiter für ähnliche Themen interessiert, folgt den Weiterleitungen unten:

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Wer sich weiter für die tragischen Rocker interessiert, folgt der Weiterleitung unten:

Weiterlesen RZ: Tragische Rocker – Bleibt gesund, Rhythmische Grüsse, Der SchoTTe

BBC Session 1971_1

BBC Session 1971_2

BBC Session 1971_3

BBC Session 1971_4

BBC Session 1971_5

BBC Session 1971_6
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