The Cowsills waren eine reale musikalische Familienunternehmung die 1965 in Newport, Rhode Island von den Brüdern Bill, Bob und Barry Cowsill gegründet wurde, sie waren ganz klar vom in England losgetretenen Beat-Virus infiziert worden.
Mom Barbara Cowsill, fünf ihrer Söhne (Bills Zwillingsbruder Richard war im Hintergrund Road Manager der Cowsills die gegen 200 Auftritte pro Jahr absolvierten) plus Nesthäkchen Susan spielten eingängige Popmusik, waren anständig, hübsch, sauber und Lieblinge der amerikanischen Mainstream-Medien, nach ihrem Vorbild wurde die TV-Attraktion The Partridge Family modelliert. Shirley Jones, die Filmmutter der TV-Family fragte einmal die Produzenten der Serie weshalb sie eigentlich nicht die Cowsills engagiert hätten, die Cowsills seien grossartige Musiker und das eigentliche Original. Sie erhielt zur Antwort: „Schon, aber es sind keine Schauspieler“.
BREAK… hinter der bunten und fröhlichen Fassade wurde ein nicht enden wollender Horrorfilm abgespielt, gemäss späteren Aussagen der Cowsills-Kinder terrorisierte Vater Bud die ganze Familie. Dem ehemaligen Ausheber in der US-Marine hatten sich alle zu beugen, seine Kinder warfen ihm später vor er sei ein Puppenspieler gewesen, einer für den der Begriff Liebe ein Fremdwort war. Allerdings machten sie diese Aussagen erst nach dem Tod des Familienoberhauptes im Jahr 1992, zuvor war die Angst vor ihm vermutlich zu gross.
Der Senior erkannte schon früh das Talent seiner Kids und förderte sie. Einem Freund seiner Kinder gab er den Tipp er solle doch mit seiner Band nach Kalifornien ziehen, vermutlich wollte er damit aber nur eventuelle Konkurrenz aus dem Weg schaffen. Der Junge befolgte jedenfalls den Rat, die Band des aufstrebenden Gitarristen löste sich dort aber schnell auf und er ging seinen eigenen Weg. Ein paar Jahre später wurde sein Name auf unzähligen Tonträgern vermerkt, Waddy Wachtel war zu einem der begehrtesten Studiomusiker an der Westküste aufgestiegen.
Vermutlich um einen direkten Einfluss oder Kontrolle über die Band zu haben, platzierte Manager Bud Cowsill seine Gattin Barbara in die Unternehmung. Sie war eine passionierte Sängerin und hatte die Begeisterung für Musik an die Kinder weitergegeben, der Vater hatte seinen Nachkommen in dieser Hinsicht wohl kaum etwas in die Wiege gelegt. Bill, Bob und Barry war die Sache mit ihrer Mutter peinlich, sie wollten eigentlich Rock’n’Roller sein und brauchten keine Aufpasserin in Form ihrer Mutter, aber Gegenwehr gegen den zu Alkoholexzessen und Gewaltausbrüchen neigenden Vater war sinnlos, sie akzeptierten die Situation, immerhin durften sie Songs schreiben ohne dass sie in diesem Bereich bevormundet wurden. Weshalb Barbara Cowsill das Spiel mitspielte? Nun, sie liebte ihre sieben Kinder über alles, vermutlich wollte sie ihre Kids auf diese Weise schützen, schlussendlich war aber auch sie ein Opfer.
Die Musik der Cowsills die zwischen 1966 und 1972 entstand kann man in erster Linie dem Genre Sunshine Pop zuordnen, luftig, locker, leicht, sie konnten aber schon auch mal gehörig rocken, bei dem einen Live-TV-Auftritt intonierten The Cowsills‘ «Reach Out» und die Güte des Schlagfeuerwerks das der damals 10jährige Drummer John vom Stapel liess zwingt ausnahmslos jeden in die Knie. Susan, das jüngste der Cowsill-Kinder (mit Jahrgang 1959), tauchte bereits auf der zweiten LP We Can Fly (1968) auf, sie wurde schnell zum Blickfang der Familienband, anfangs als begleitende Teenie-Tänzerin, schon bald auch als Sängerin.
Sie bearbeitete normalerweise ein Tamburin, vor allem aber tanzte sie sich in die Herzen der Cowsills-Fans, hier sollte man sich vielleicht auch mal den Liveauftritt bei «Playboy After Dark» (Konzert-Serie aus dem Hause Playboy dort spielte so ca. alles was 1969/70 angesagt war) ansehen, Susan gab hier mit rudernden Armen elektrifizierenden Tanzunterricht für die anwesenden «älteren» Ladys. Glücklicherweise blieb es im kurzen Interview mit Hugh Hefner beim Scherz und Susan wurde niemals „Miss February“.
(The Cowsills live bei Playboy After Dark, 1969)
Um 1971 herum übernahm Susan kurz vor ihrem Ausstieg den Posten als Bassistin, der jähzornige Vater hatte Bill (er spielte normalerweise Bassgitarre) aus der Band geschmissen und Bob als neuen Leader eingesetzt, gegen den Willen seines Sohnes übrigens. Trotz ihrem Hit «Hair» (1969, eine Bearbeitung des Musical-Klassikers, No. 2 in den Staaten, No. 1 in Australien), man findet den Song auch auf dem stimmungsvollen Live-Album In Concert, inklusive Adaptionen von «Sunshine Of Your Love» von Cream und Beatles’ «Paperback Writer») und grossartigen Eigengewächsen wie «II X II» oder der LP On My Side (1971) die mit Westcoastfeeling aufwarten konnte, zerfielen die Cowsills allmählich, nicht zuletzt war das die logische Konsequenz um den Fittichen des Patriarchen zu entfliehen. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass Familienoberhaupt Bud Cowsill das von der Band gemeinsam erwirtschaftete Vermögen veruntreut hatte.
Eine Gesamtschau des musikalischen Cowsills-Vermächtnisses existiert leider nicht, ältere CD-Releases erzielen mittlerweile recht stolze Preise. Hier wäre es wünschenswert wenn einer der einschlägig bekannten Reissue-Spezialisten die Musik der Cowsills endlich mal zeitgemäss aufarbeiten und in Form einer Box veröffentlichen würde. Juwelen wie «The Rain, The Park And Other Things», der klasse Klopfer «Silver Threads & Golden Needles» sowie das gesamte grossartige Album Captain Sad And His Ship Of Fools (1968) sollten endlich wieder einmal allumfassend restauriert werden. Und bei dieser Gelegenheit gerne auch gleich mit The Cocaine Drain Album (1978, unveröffentlichtes Album, wurde erstmals 2008 als digitale Veröffentlichung ohne physische Tonträger zugänglich gemacht) und Global dem Powerpop-Reunion-Album von 1998.
BREAK…
Barbara Cowsill starb 1986 im Alter von 56 Jahren.
Bud Cowsill starb 1992 im Alter von 66 Jahren.
Barry Cowsill wurde 2005 im Alter von 51 Jahren in New Orleans ein Opfer von Hurrikan Katrina.
Bill Cowsill wanderte nach Kanada aus, er starb 2006 im Alter von 58 Jahren.
Richard Cowsill starb 2014 im Alter von 66 Jahren.
(The Cowsills: Susan, Paul und Bob, 2020)
Susan feierte ab den 1990ern mit den Continental Drifters Erfolge (darunter auch das Album Listen Listen von 2001, eine betörende Hommage an Fairport Convention), deren Gitarristin Vicki Peterson (Ex Bangles) heiratete 2003 John Cowsill der oft als Tourschlagzeuger mit den Beach Boys unterwegs war. Die Geschwister Cowsill fanden im Lauf der Jahrzehnte immer wieder mal unter dem gemeinsamen Namen zusammen, aktuell halten Susan und ihre Brüder Bob und Paul die Familienfahne hoch.
Sounds great in STEREO*
(*Slogan von MGM, 1967)
mellow