Alice Cooper ohne Vincent Damon, dann aber doch als Billion Dollar Babies
Wieder so eine unbekannte Band, bei der zwar hohe musikalische Qualität vorhanden war, aber trotz Verbindung mit einem Aushängeschild dennoch unbeachtet blieb, ähnlich wie beispielsweise Tin Machine (David Bowie), The Riffburglars (Roger Chapman), Paris (Bob Welch) oder The Notting Hillbillies (Mark Knopfler). Diesmal ist es Billion Dollar Babies, benannt nach dem sechsten, kommerziell erfolgreichsten Studio-Album (02-1973) der Band Alice Cooper. Die von Vincent Damon Furnier aus Detroit, Michigan gegründete Band, vorher Frühjahr 1964: The Earwings, Herbst 1965: The Spiders, April 1967: The Nazz, existierte unter diesem Namen Alice Cooper von 1968 bis 1974. Zunächst war die Combo wie viele andere in dieser Zeit kommerziell erfolglos, bis dann der kanadische Produzent Bob Ezrin auf sie aufmerksam wurde und durch gute Zusammenarbeit mit ihm die Hit-Alben »Killer« (1971), »School’s Out« (1972) und »Billion Dollar Babies« (Februar 1973) entstanden. Viele Chart-Positionen und natürlich auch ihre aufwändigen, schaurigen Bühnenshows verhalfen ihnen zu einem internationalen Durchbruch. Nach dem folgenden weniger erfolgreichen Album »Muscle Of Love« (November 1973) und einer letzten großen weltweiten Tour die am 08. April 1974 in Rio de Janeiro, Brasilien endete, folgte die niemals offiziell erklärte Auflösung der Band. Der Sänger Vincent Damon Furnier, nahm nach einem heftigen Streit um den Band-Namen, 1974 offiziell und juristisch geregelt den Personen-Namen Alice Cooper an und setzte seine musikalische Karriere als Solo-Künstler bis heute erfolgreich fort. Von diesem Zeitpunkt an bis heute, wechselte der Schauer-Rocker die ihn begleitenden Musiker in regelmäßigen Abständen. Manchmal lernt man eben dazu.
Die Pause ab 1974 war eigentlich geplant um allen Mitgliedern Zeit für Solo-Projekte zu geben, die aber allesamt niemals oder zeitnah entstanden sowie veröffentlicht wurden. Außer dem Solo-Werk des Sängers Alice Cooper als »Welcome To My Nightmare« (1975), an dem auch wieder Bob Ezrin sowie beispielsweise Schauspieler Vincent Price, Gitarrist Dick Wagner (The Hollywood Vampires) und Bass-Wizzard Tony Levine mitwirkten. Hier beginnt nun die kurze Geschichte von den tragischen Billion Dollar Babies und ihrem einzigen Album »Battle Axe« (1977), das 2001 als dreiteilige Luxusausgabe »Complete Battle Axe« bei einem kleinen Label (Burning Airlines) veröffentlicht wurde. Das gesamte Material wurde von Bob Dolin (Keyboards), Dennis Dunaway (Bass), Michael Bruce (Gitarre), Mike Marconi (Gitarre), Neil Smith (Schlagzeug) eingespielt.
Bob Dolin – Der US-Keyboarder arbeitete erstmals beim Studio-Album »Muscle Of Love« (November 1973) bei Alice Cooper mit und er tourte auch mit den Schock-Rockern 1973-74. Er war unter anderem auch an den Solo-Alben »In My Own Way« (1975) und »Rock Rolls On« (1983) von Michael Bruce beteiligt.
Dennis Dunaway – Der Mann aus Oregon ist einer der frühesten Weggefährten von Vincent Damon und zupfte den Bass bereits seit The Earwings Zeiten. Auch danach war er regelmäßig in verschiedenen Bands tätig. Mit dem Dennis Dunaway Project veröffentlichte er 2006 »Bones From The Yard«, dabei illustre Gäste, wie Ian Hunter, Russ Wilson, Rick Tedesco. Dennis gehörte bis zur Pause Ende 1973 zum Kern von Alice Cooper.
Michael Owen Bruce – Er ersetzt 1966 John Tatum bei The Spiders als Gitarrist. Bei zwei seiner Solo-Alben ist auch noch Cooper-Kumpel Bob Dolin mit dabei. Er gehörte bis zur Pause Ende 1973 zum Kern von Alice Cooper. Später arbeitete er mit verschiedenen Isländern zusammen, zum Beispiel Egill Örn Rafnsson und Ingó & Sigurður Geirdal.
Mike Marconi – Die Karriere des damals jungen und unerfahrenen Gitarristen aus Rochester war überschaubar, Whale, Billion Dollar Babies und dann kurz bei den US Hard-Rockern von Talas aus Buffalo.
Neil Clayton Smith – Der Schlagzeuger aus Akron, Ohio ersetzt 1967 John Speer bei The Nazz, gehörte bis zur Pause Ende 1973 zum Kern von Alice Cooper. Neil Claytons Schwester Cindy Smith Dunaway ist mit Dennis Dunaway verheiratet. Dennis und Neil arbeiten unter anderem bei Brainstorm, Deadringer (gutes Album »Electrocution Of The Heart«), Eyescream und Bouchard, Dunaway & Smith (mit Multi-Instrumentalist Joe Bouchard von Blue Öyster Cult) zusammen.
Auch mit der Geschichte der 2001 bei Burning Airlines veröffentlichte dreiteilige Luxusausgabe »Complete Battle Axe« wird einem in der Folge die Uneinigkeit der Musiker und die Tragik menschlichen Handels wieder einmal vor Augen geführt. Diese limitierte Ausgabe wurde ohne Genehmigung von Neal Smith und Dennis Dunaway (sind miteinander verwandt, siehe vorher) auf den Markt gebracht. Hoffentlich war das bei der kürzlich 2020 von Cherry Red Wieder-Veröffentlichten limitierten Ausgabe von »Battle Axe« etwas anders. Man folgt hier der 3CD-Box von 2001, Original Album »Battle Axe« von 1977, »Battle Axe Demos« 1977/78 sowie einen der ersten Live-Mitschnitte »First Ever Live Show Flint Michigan 1977«. Die Zutaten waren mit der gesamten Alice Cooper Band und den dazu passenden prägnanten Bandnamen sowie stilistisch exakt auf Linie der Vorgänger-Alben gut zusammengestellt. Aber es fehlten natürlich auch ein paar Mosaikstücke; außergewöhnliche Kompositionen, Budenzauber auf der Bühne, charismatischer Frontmann. Deshalb war trotz starker Musik, nach nur einem Album und einer Handvoll Konzerten Schluss bei den Multi-Dollar-Mädels. Nun sind 2020 bei Cherry Red insgesamt 38 Titel wieder auf drei CDs, vier mehr als 2001 bei »Complete Battle Axe«, diesmal aber von der gesamten Band autorisiert veröffentlicht. Trotz guter Restauration sind die Demo-Aufnahmen, darunter die vier Non-Album-Titel »Want To Go Home«, »Rock‘n‘Roll Prison«, »Runaway Instrumental« und »Wallow Through This Madness« und die Live-CD mit Cooper-Band-Medley und dem Song »Billion Dollar Babies« als Zugabe, leider klanglich nur Mittelmaß. Das gilt auch für das 12-seitige Booklet, drei einfache Papp-Taschen und Papp-Box. Das ist für die Werkschau einer stilprägenden Band ein wenig enttäuschend, da wurde meines Erachtens echt am falschen Ende gespart. Jedoch sind die 38 Aufnahmen für Fans dieser Mucke und vor allem der US-Schock-Rocker praktisch unverzichtbar.
Aber es gibt immer wieder kleine Wunder, denn überraschender Weise gibt es eine unerwartete Wiedervereinigung von Vincent Damon Furnier alias Alice Cooper aus Detroit auf seinem aktuellen Studio-Album »Detroit Stories« (Februar 2021, Ear Music). Auf mehreren Titeln sind Frontmann Vincent Damon, Dennis Dunaway (Bass), Michael Bruce (Gitarre), Neil Smith (Schlagzeug) kompositorisch wie auch an den Instrumenten zu hören, bei den Titeln »Social Debris« und »I Hate You« musizieren die alten Recken wieder fast als komplette Alice Cooper Band zusammen. Dass alles aufgenommen in Detroit, also echt Back To The Roots. Auf der limitierten EU-Deluxe-Ausgabe des neuen Albums gibt es noch zwei CD-Bonus-Titel und einen kompletten Auftritt »A Paranormal Evening At The Olympia Paris« in Bild und Ton auf DVD oder BR zu erleben. Die mitwirkenden Musiker sowie die Gäste sind hochkarätig: Wayne Kramer, Joe Bonamassa, Steve Hunter, Sister Sledge, The Motor City Horns, Rick Tedesco. Natürlich ist auch der kanadische Produzent Bob Ezrin wieder mit dabei, sorgt in verschiedenen Funktionen das es wieder ein erfolgreiches Werk des US-Schock-Rocker wird. Schulter an Schulter, das machen wir auch, geht doch, und wie !!
Weiterlesen RZ: Crow – Tomorrow – Budgie – Rockige & Klingende Grüsse, Der SchoTTe
Ich hab da völlig damit gerechnet, dass der Beitrag von mellow kommt. Aber, Ueberraschung!!!
„Battle Axe“ war für mich eigentlich immer so eine Art Verlegenheitsalbum und hat bei mir nie gezündet (obwohl ich das in verschiedenen Versionen jetzt 3 x hier zu stehen habe). Die Songs sind meistens durchschnittlich und es fehlt an Ideen. Neben der LP und der „Live Flint“-CD muss hier noch irgendwo eine Doppel-CD rumstehen (gemäss meinem Excel-File). Mal sehen, ob ich das finde.
Wenigstens habe ich gerade die Michael Bruce Box „No More Mr. Nice Guy“ gesichtet, von der ich nicht mal mehr wusste, dass es sie a) gibt und ich die b) in der Sammlung habe.
Cheers
Roland