Ro Ro Ro schreibt in seinem Rocklexikon:
„Blue Cheer exponierte sich 1968 als schlechtes Triperlebnis aus banal imitiertem Cream Sound und effekthascherisch übersteuerter Hendrix-Psychedelik.“
Derart unsinnige Sprüche sollte man von einem renommierten Verlag nicht erwarten. Die Herren Graves, Schmidt-Joos und Halbscheffel haben sich dadurch geoutet und wären damals bei Bravo besser aufgehoben gewesen. Wer sich heute die frühen Blue Cheer anhört, der hört die Ursprünge des Heavy Metal in Reinform.
Blue Cheer entstand Ende 1967 in Berkley San Francisco aus einer Band mit Dickie Peterson, Leigh Stephens (oder auch Leigh Stevens), Jerry Russel und Eric Albronda. Eric Albronda ging für eine Weile nach Europa und in der Zwischenzeit formierte sich das Power Trio Blue Cheer neu mit: Dickie Peterson, Leigh Stephens und dem Drummer von Oxford Circle, Paul Whaley. Oxford Circle traten häufig als Vorgruppe von Grateful Dead auf und hatte mit einigen Singles lokale Erfolge. Blue Cheer wurde nach der damaligen Modedroge „STP“ oder auch „Blue Cheer“ benannt. Sie traten bei Gigs mit Jimi Hendrix, Grateful Dead und Captain Beefheart auf. Ihr Markenzeichen waren, nach Quellen in „Fachbüchern“, acht Fender Showman Verstärker. Nach einer anderen, zuverlässigeren Quelle sollen es sechs Marshall Türme gewesen sein. Spielt keine Rolle, sie waren ziemlich laut! Als sie in ein Studio gingen, um Demos aufzunehmen, nutzten sie die ganze Bandbreite der damaligen Technik. Heraus kamen drei Songs. Einer dieser Songs war die Coverversion von Eddie Cochrans „Summertime Blues„. Das Band wurde DJs der gerade entstehenden UKW-Radiostationen gegeben und der Sender KMPX spielte es pausenlos, um die neue Rundfunkqualität vorzuführen. Mecury Record wurde auf Blue Cheer aufmerksam und nahm sie unter Vertrag.
Der Summertime Blues konnte auf Anhieb 50.000 mal verkauft werden. Später waren es international bedeutend mehr, der Song war in etlichen Hitparaden weit oben vertreten. Die drei gingen in ein Studio und nahmen „Vincebus Eruptum“ auf.
Dickie Peterson meinte später hierzu:
„Vincebus Eruptum war das was geschieht, wenn man drei junge Männer mit drei Akkorden, einer 8-Trackbandmaschine und dem Neuesten, was es an Aufnahmetechnik gab, alleine lässt und ihnen sagte, sie sollen ihren Rock ’n‘ Roll spielen.“
Nach drei Tagen war das Album fertig und Blue Cheer wurde berühmt. Von den einen als Krachmacher verpönt, von den anderen als Missionare einer neuen Musik verehrt. Der „Summertime Blues“ wurde in Europa und Japan sofort zu einem Hit. Das nächste Album entstand in verschiedenen Studios und es wurde wieder einmal die gesamte zur Verfügung stehende Technik ausgenutzt. Noch während, oder kurz nach den Aufnahmen zu „Outsideinside„, verließ Leigh Stephens Blue Cheer und für ihn kam Randy Holden von The Other Half. Die Auskoppelungen „The Hunter“ und „Just A Little Bit“ konnten nicht an den Erfolg des „Summertime Blues“ anschließen.
Blue Cheer machte sich auf diversen Festivals einen Namen als lauteste Rockband der damaligen Zeit. Wer einen Eindruck hiervon gewinnen möchte, dem sei die „Live In Japan“ empfohlen und bitte den Verstärker etwas mehr als üblich aufdrehen. Während der Aufnahmen zum dritten Album „New! Improved!“ verließ auch Randy Holden Blue Cheer und Bruce Stephens und der Keyboarder Ralph Burns-Kellog kamen. Wegen mangelnder Verkaufszahlen löste Perterson Blue Cheer erst einmal auf, um kurz darauf in neuer Besetzung wieder ins Studio zu gehen. Der neue Trommler Norman Mayell hatte bei Norman Greenbaum seine Erfahrungen gesammelt. An den Keyboards saß Ralph Burns-Kellogg und die Gitarre übernahm Bruce Stephens.
Die beiden Alben „Blue Cheer“ und „BC #5 Original Human Being“ entstanden, dann war erst einmal Ruhe um Blue Cheer. Die Musik wurde leiser und Country & Western Töne waren sogar hörbar. Bei „BC #5 Original Human Being“ spielte die Gitarre und den Gesang zum Großteil Gary Yoder. Bruce Stephens verließ Blue Cheer in Richtung England um Pilot zu gründen. Als Artdirector des einzigen Albums von Pilot, trifft man auf ein Gründungsmitglied von Blue Cheer, Eric Albronda. Norman Mayell hörte man später wieder bei Norman Greenbaum und bei Sopwith Camel.
1985 holte Dickie Peterson Tony Rainier (auf dem Cover ist Tony Rainier als Sänger genannt, er spielte aber die Gitarre!) und Paul Whaley ins Studio und „The Beast…Is Back“ wurde aufgenommen. Die eine Hälfte des Albums bestand allerdings aus altem Archivmaterial. Nach ausgedehnten Touren wurde „Blitzkrieg Over Nuremberg“ als Mitschnitt 1989 veröffentlicht. Durch den Erfolg der Tour angespornt, ging es wieder ins Studio und „Highlights And Lowlives“ entstand.
Blue Cheer wurde langsam als Begründer einer neuen Spielart des Rock anerkannt, als die wahren Erfinder des Heavy Metal. Die Alben erschienen mittlerweile auf CD und werden ganz gut verkauft. Was aus den Mitgliedern wurde:
Ralph Burns-Kellog wurde Produzent und wechselte seinen Namen in Ethan James. Er starb am 19.06.2003 in San Francisco.
Dickie Peterson starb am 12.10.2009 in Erkelenz. Seine Asche sollte im Rhein und in den Kalifornischen Redwoods verstreut werden. Richard Allan Peterson, wie er mit bürgerlichem Namen hieß, wohnte lange Zeit in Köln und organisierte von Köln aus Blue Cheer Konzerte. Mit dabei waren der in Frankfurt lebende Paul Whaley und Andrew McDonald aus den USA an der Gitarre.
Paul Whaley starb am 28.01.2019 in Regensburg.
Ein anderes Mitglied von Blue Cheer, Randy Holden, wechselte zeitweise das Metier und widmete sich zusätzlich der Malerei.
Der Beitrag wurde um 2005 für den Rockzirkus geschrieben. Damals gab es nur wenige Informationsquellen im Internet. Zum Glück gab es Leser des Rockzirkus und auch Helfer. Viele Information erhielt ich von einem dieser Helfer, ich möchte mich hier noch einmal bei Ralph S. bedanken.
Blue Cheer – Vincebus Eruptum -1968
Dickie Peterson: bass, vocals
Paul Whaley: drums
Leigh Stephens: guit.
Summertime blues Rock me baby Doctor please Out of focus Parchment farm Second time around |
Blue Cheer – Outsideinside – 1968
Dickie Peterson: bass, vocals
Paul Whaley: drums
Leigh Stephens: guit.
Feathers from your tree Sun cycle Just a little bit Gypsy ball Come and get it (I can’t get no) Satisfaction The hunter Magnolia caboose babyfinger Babylon |
Blue Cheer – New! Improved! – 1969
Dickie Peterson: bass, voc.
Paul Whaley: drums
Bruce Stephens: guit.
Ralph Burns-Kellogg: keyb.
Randy Holden: guit., voc.
Gene Estes: perc.
When it all gets old West coast child of sunshine I want my baby back Aces ’n‘ eights As long as I live It takes a lot to laugh, it takes a train to cry Peace of mind Fruit & iceburgs Honey butter lover All night long Fortues |
Blue Cheer – Blue Cheer – 1970
Dickie Peterson: bass, voc.
Norman Mayell: drums
Ralph Burns-Kellogg: keyb.
Bruce Stephens: guit.
Fool You’re Gonna Need Someone Hello L.A., Bye-Bye Birmingham Saturday Freedom Ain’t That The Way Rock And Roll Queens Better When We Try Natural Man Lovin‘ You’s Easy The Same Old Story |
Blue Cheer – BC #5 Original Human Beings – 1970
Dickie Peterson: bass, voc.
Norman Mayell: drums
Gary Yoder: guit. voc.
Ralph Burns-Kellogg: keyb.
Good Times Are So Hard To Find Love Of A Woman Make Me Laugh Pilot Babaji Preacher Black Sun Tears By My Bed Man On The Run Sandwich; Rest At Ease |
Blue Cheer – Oh! Pleasent Hope – 1971
Dickie Peterson: bass, voc.
Gary Yoder: guit. voc.
Ralph Burns-Kellogg: keyb.
Doug Killmer: bass
Jim Keylor: bass
Kent Houseman: dobro.
Dehner Patten: guit.
Jack May: guit.
Dr. Richard Peddicord: guit., voc.
Cynthia Jobse: harp
Ronald Stallings: sax.
Bob Gurland: trpt.
Hiway Man Believer Money Troubles Traveling Man Oh ! Pleasant Hope I’m The Light Ecological Blues Lester The Arrester Heart Full Of Soul |
Blue Cheer nach 1980
Blue Cheer – The Beast Is Back – 1985
Dickie Peterson: bass, voc.
Paul Whaley: drums
Tony Rainier: voc., (guit.?)
Nightmares
Summertime Blues Ride With Me Girl Next Door Babylon Heart Of The City Out Of Focus Parchment Farm |
Blue Cheer – Blitzkrieg over Nüremberg – 1989
Dickie Peterson: bass, voc.
Andrew MacDonald: voc., guit.
Dave Salce: drums
Babylon/ Girl Next Door
Ride With Me
Just A Little Bit Summertime Blues Out Of Focus Doctor Please
|
Blue Cheer – Live At Anti WAA Festival 1989
Dickie Peterson: bass, voc.
Paul Whaley: drums
Andrew MacDonald: voc., guit.
Intro Announcement
Babylon Girl Next Door Parchman Farm Ride With Me Second Time Around Duck Thing Out Of Focus Heart Of The City Red House Voodoo Chile Intro Hoochie Coochie Man (Tony McPhee: guit.) Summertime Blues
|
Blue Cheer – Highlights And Low Lives – 1990
Dickie Peterson: bass, voc.
Paul Whaley: drums
Andrew „Duck“ MacDonald: Guit., voc.
Urban Soliders Hunter of Love Girl from London Blue Steel Dues Big Trouble in Paradise Flight of the Enola Gay Hoochie Coochie Man Down and Dirty Blues Cadillac |
Blue Cheer – Dining With The Sharks – 1991
Dickie Peterson: bass, voc.
Paul Whaley: drums
Dieter Saller: guit., perc.
Big noise Outrider Sweet child of the Reeperbahn Gunflight Audio whore Cut the costs Sex soldier When tow spirits touch Pull the trigger Foxy lady |
Blue Cheer – Live In Japan – 1999
Dickie Peterson: bass, voc.
Paul Whaley: drums
Andrew Duck MacDonald: guit., voc.
Babylon Big trouble in paradise The hunter Blue steel dues Urban soldiers Girl next door Ride with me Summertime blues Down and dirty Out of focus Doctor please |
Blue Cheer – What Doesn’t Kill You – 2007
Dickie Peterson: bass, voc.
Andrew Duck MacDonald: guit., voc.
Paul Whaley: drums
Joe Hasselvander: drums
Maria Merriman und Michelle Metz: back. voc.
Rollin‘ dem bones Piece o‘ the pie Born under a bad sign Gypsy rider Young lions in Paradise I don’t know about you I’m gonna get to you Malajusted child Just a little bit (Redux) No relief |
Blue Cheer – Live At Rockpalast Bonn 2008 oder Rocks Europe
Dickie Peterson: bass, voc.
Paul Whaley: drums
Andrew „Duck“ MacDonald: guit., voc.
Babylon
Parchman Farm I’m Gonna Get To You Rollin‘ Dem Bones
Out Of Focus
Just A Little Bit
Maladjusted Child
Summertime Blues
Doctor Please
The Hunter
Bonus auf Rocks Europe:
Alligator Boots
She’s Something Else
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