Shake Your Money Maker – Blues Klassiker in unterschiedlichem Gewand
Viele Künstler weltweit nutzen die Auftrittsarme Zeit mit Arbeiten an neuen Alben oder Projekten. Andere planen fleißig für die Zeit nach der Pandemie. Aber es gibt in diesem Kultur-Lockdown natürlich auch unzählige Jubiläen. Das Album »Shake Your Money Maker« von The Black Crowes hatte 2020 nun auch schon 30 Jahre auf dem Buckel. Eine gute Gelegenheit, trotz angesagter Tour mit der wieder einmal reformierten Band, das Debüt dieser US-Rock-Band ordentlich zu feiern. Das Debüt ist kürzlich in sagenhaften zwei Dutzend verschiedenen Ausgaben mit neuen Artwork erschienen. Nachfolgend ein wenig mehr zu der wechselhaften Geschichte um diesen zeitlosen Song.
Elmore James – Es ist wie immer die Frage, wer der eigentliche Urheber eines Liedes war? Beim Song »Shake Your Money Maker« ist es sicher nicht der singende Blues-Gitarrist Elmore Brooks alias James, ein Weggefährte auch von Blues-Urgestein Robert Johnson. Elmore verhalf zwar 1962 auf seiner Single (Fire Records) mit seiner Interpretation diesen Song zu großen Erfolg und weltweiter Bekanntheit. Die Geschichte dieser Komposition reicht aber wie bei vielen andern zurück bis in die 20iger Jahre, vermutlich sogar noch ein Stück weiter. Die nachgewiesene Metamorphose begann vermutlich am 14. Juni 1929 in den Gennett Studios Richmond Indiana mit den Aufnahmen für den Single-Titel »Shake It And Break It But (Don’t Let It Fall Mama)« von Charley Patton (VÖ bei Paramount). Von diesem Song wurden wie viele andere, unter anderem auch der Schlagzeuger James Bannister inspiriert. Der arbeitete auch mit Songschreiber und Blues-Sänger Shakey Jake Harris zusammen. Der veröffentlicht 1958 zusammen mit der bereits bekannten Willie Dixon Band (Bass: Willie Dixon, Gitarre: Magic Sam) auf der Single-B-Seite den Titel »Roll Your Money Maker« bei Artistic Records. Wieder so Geschichten wie bei Louisiana Red oder Robert Johnson. Hier hilft immer wieder nur unser deutsches Blues-Orakel Norbert Egger, der mit seinen Recherchen im deutschsprachigen Raum nicht nur Pionier-Arbeit für den Blues leistet, sondern mit seinem Verlag AAA Culture und seinen vielen Sendungen Themen-Bereich Blues die recherchierten Fakten in hartes Eisen & Stahl schmiedet.
Fleetwood Mac – Der elektrifizierte Blues-Rock hat schnell die Qualität der alten traditionellen Kompositionen für sich entdeckt. Falls alle großen Rockbands der 60/70iger hatten die Klassiker in ihrem Repertoire. »Shake Your Money Maker« wurde von Elmore James bis zu seinem Tod 1963 regelmäßig gespielt, danach vom Cousin und Vermächtnisverwalter Homesick James. Zu den weiteren gehören später beispielsweise The Paul Butterfield Blues Band (1967), John Hammond (1968), Peter Green’s Fleetwood Mac (1968), John Littlejohn (1969), Homesick James & Snooky Pryor (1972) und viele andere Blues-Rocker mehr. Jeremy Spencer, zweiter Gitarrist der britischen Fleetwood Mac, war in der Lage dazu Elmore James gesanglich und instrumental (fast) perfekt zu imitieren, deshalb war deren rockige Version »Shake Your Money Maker« damals bekannter als das Original.
The Black Crowes – Die Mitte der 80iger als Mr. Crowes Garden gegründete US-Band aus Atlanta, will mit den Front-Kreativen Richard (Rich) und Christopher Mark (Chris) Robinson 2021 nun wieder voll durchstarten. Mal sehen ob es diesmal tatsächlich klappt. Denn angekündigt war eine weltweite Tour schon 2020 zum 30-jährigen Jubiläum von »Shake Your Money Maker«, das auch im Mittelpunkt stehen und beim Auftritt komplett gespielt werden sollte. Der musikalische Stil der jungen wilden aus Georgia ist eigentlich weniger der oft zitierte klassische Hard-Rock, sondern eher die ungewöhnliche Melange aus Blues, Rock’n’Roll, Soul und Funk, mit bei Auftritten dann ausufernden Jam-Passagen. Wie bei amerikanischen Combos üblich, haben sie mit den größten Stars der Rock-Szene zusammen musiziert und getourt oder auch gemeinsam die Bühne geteilt. Das ist natürlich auch immer ein gefundenes Fressen für die einschlägige Musik-Presse (andere schreiben dazu im RZ: die Journaille), die auch gerne, wie bei den Oasis-Gallaghers, die vielen Streitigkeiten der beiden Brüder in allen Schattierungen ausmalen. Für mich (und sicher viele andere im Rockzirkus) ist das sicher ein sehr langweiliges Thema, weil es immer und überall unterschiedliche Meinungen und Sichtweisen gibt, das ist ganz normal. Das geht den Robinson-Brüdern, die sich ein halbes Dutzendmal getrennt und wiedergefunden haben, sicher ebenso. Viel interessanter ist vielmehr sich über deren außergewöhnliche Interpretation der Rock-Musik-Wurzeln, besonders des Blues, zu unterhalten. Ich möchte in diesem Beitrag keine komplette Geschichte über die schwarzen Ostküsten-Krähen erzählen (die kommt mal später), sondern nur den Aspekt der Wichtigkeit solcher Künstler herausstellen, wie beispielsweise The Brew, Triggerfinger, Joe Bonamassa, Kenny Wayne Shepherd, Joanne Shaw Taylor, Ryley Walker, JJ Grey, Doyle Bramhall II, Bent Knee, Simo und viele andere US-Rock-Helden die allesamt ihre musikalischen Wurzeln nicht verleugnen, sogar den starken Roots neue Wurzelstränge und Verwachsungen hinzufügen. Schon das Multi-Platin-Debüt »Shake Your Money Maker« (1990) der The Black Crowes setzte mit Titel und Musik dazu ein klares und deutliches Ausrufezeichen. Auch der Nachfolger »The Southern Harmony and Musical Companion« (1992) hatte ähnliches Niveau und fast alle daraus ausgekoppelte Singles erreichten einstellige Positionen in den US-Rock-Charts, mehrere waren wochenlang Nummer Eins in den nordamerikanischen Charts.
James Patrick Page – Das der Meister-Gitarrist von Led Zeppelin sich für eine sechs Auftritte umfassende kurze gemeinsamen US-Tour mit den The Black Crowes nicht lange hat bitten lassen ist klar, denn die in Nordamerika sehr bekannte bluesige Hard-Rock-Band war auf ihn wie Maßgerecht zugeschnitten. Auch Rock-Chamäleon David Bowie hatte ja mit seiner Tin Machine so ein ehrgeiziges Projekt als Frischzellenkur. Eine junge frische Blues-Rock-Band mit modernen, zeitgemäßen Sound, wie seine eigene Ex-Band Led Zep hätte zu der Zeit auch so spielen können. Ich war 2000 beim Erscheinen des Live-Doppel-Album »Live At The Greek« (TVT Records) schier aus dem Häuschen. Mit Material von Led Zeppelin war es nach deren Trennung 1980 bescheiden bestellt, von einigen mageren Bootlegs, Kooperationen untereinander und regelmäßigen (wenn auch guten) Solos von Robert Plant mal abgesehen. Aber bei dem an zwei Abenden im Greek Theater im kalifornischen Los Angeles am 18. und 19. Oktober 1999 aufgenommenen Konzert-Material, die weiteren vier Konzerte der Tour waren Roseland Ballroom, New York (12. bis 14. Oktober) und Worcester, Massachusetts (16. Oktober), hatte man frisches Material in Spitzenqualität in den Händen. Von Juni bis August 2000 gingen Jimmy und die schwarzen Krähen für weitere elf Konzerte auf eine US-Tour, die Titelliste wurde etwas üppiger und abwechslungsreicher. Davon gibt es einige hier zwar der Ordnung halber erwähnte, aber völlig unnötige Bootleg-Veröffentlichungen. Die 14 Led Zeppelin Cover-Songs des Greek-Mitschnitt halten sich eng an die Original-Arrangements, gut und leidenschaftlich gespielt, aber eben nicht Led Zep mit Plant, Bonzo und Baldwin. So richtig Schwung kommt jedoch in die Bude bei dem halben Dutzend virtuos und modern interpretierten Blues-Klassikern. Darunter befindet sich diesmal endlich auch »Shake Your Money Maker«, das seit den Anfängen in den 90igern auch zu den regulären Titeln bei Auftritten der The Black Crowes gehörte. Insgesamt 20 (22 bei der Japan-Version) Perlen der bluesigen Rock-Mucke mit starkem Suchtfaktor. Das Stück »Shape Of Things To Come« (auch Shapes Of Things) auf dem ersten Silberling, stammt von den britischen The Yardbirds, bei denen Jimmy Page in den 60igern zunächst am Bass, dann noch erfolgreicher an den Gitarren zupfte (1984-1986 bei The Firm). Die je Auftritt jeweils drei Crowes-Titel, »No Speak No Slave«, »Wiser Time« (nur 18-10), »Hard To Handle« (nur 19-10) und Chart-Hit »Remedy«, durften aus rechtlichen Gründen bis heute nicht mit veröffentlicht werden. Auch noch heute begeistert mich das Material, auch die beigefügten digitalen Bilder und das kurze aus Live-Bildern zusammengeschnittene Video, und das nach über 20 Jahren. Und dass ich dem damaligen Front-Vokallisten Chris Robinson mal so nahekommen werde, damit habe ich nie gerechnet. Aber dazu mehr in der nächsten nachfolgenden kurzen Geschichte vom Herzberg-Festival 2019.
The Chris Robinson Brotherhood – Wo fängt man bei dieser All-Star-Band an. Vielleicht wieder bei »Shake Your Money Maker«, den Song den sie aber auf ihrer »Servants Of The Sun« Tour nicht spielen, dafür aber sieben der zehn Titel des gleichnamigen kurz zuvor erschienenen Albums. Aber es gibt dafür das John Lee Hooker Cover »It Serves You Right To Suffer«. Dass Buchungsteam des Herzberg-Festival hatte 2019 wieder mal das richtige Näschen gehabt, haben mit Chris Robinson wieder einmal einen US-Rock-Megastar in die hessische Provinz gelockt. Er hat mit Adam MacDougall den Tastenmann der The Black Crowes mitgebracht. Außerdem den Gitarren-Titan Neal Casal, der in diese Brüderschaft nicht nur vom Aussehen perfekt passt. Komplettiert wird das Ensemble, Schlagzeug: Tony Leone, Bass: Jeff Hill. Zu jedem der genannten Musiker könnte man eine umfassende interessante Biografie schreiben, die damit deutlich machen würden was hier für eine Star-Ensemble auf den staubigen Brettern steht und gut gelaunt erstklassige Blues-Jams zelebrieren. Sie wirken konzentriert, typisch amerikanisch lässig, aber durchaus Leidenschaftlich spulen sie ihr Bühnen-Programm runter. Zum Studio-Album »Barefoot In The Head« (2017), zwei Titel davon spielen sie auch am Bersch, Barfuß im Kopf betitelt, sagte Robinson dazu selbst: „Die Musik, die wir machen, die Konzerte, die wir spielen – das ist die Welt, die wir für uns und unsere Leute kreiert haben. Jeder soll verstehen, dass man immer barfuß im Kopf sein kann. Ohne die Belastung von Verantwortung oder Nostalgie sind wir in der glücklichen Lage, ehrlich und spontan zu sein. Das ist Freiheit“ (Quelle: Rockpalast). Und genau diesen Traum von Freiheit erleben wir als Publikum am 27. Juli 2019. Wer hätte zu dem Zeitpunkt gedacht das fast auf den Tag genau einen Monat später der erfolgreiche und überaus geachtete Gitarrist, Singer/Songwriter, Multiinstrumentalist, Fotograf und Workaholic Neal Casal (Blackfoot, Hazy Malaze [siehe Beitrag mellow], Ryan Adams & The Cardinals, The Skiffle Players, Circles Around The Sun, viele weitere und Solo) nicht mehr lebt. Wieder so eine unfassbar tragische Geschichte, die ich aber ein anderes Mal zu Ende erzählen werde, mellow hat bereits begonnen sie zu erzählen.
Weiterlesen im RZ: US-Rock-Cowboys – Klingende Grüsse, Der SchoTTe
* BHBF = Burg Herzberg Festival Breitenbach Nord-Hessen