Neue Deutsche Meister – Still There: Durchhaltevermögen zahlt sich echt aus
Wir sind mitten in der Corona-Krise. Nicht nur in ganz Deutschland liegt die Kulturbranche komplett am Boden, kaum Auftritte, keine Festivals, mehrtätige schon gar nicht. In einer kleinen Region, nein nicht in der französischen Bretagne, sondern im Vierländer-Vogtland stemmt sich ein kleines aktives Kollektiv gegen das vermeintliche. Und das sogar mit Hilfe von Politik aus Land und Kommune. Reichenbach wird im September 2020 zum strahlenden Aushängeschild der anspruchsvollen Rockmusik hier mitten in Europa. Nach wieder einmal unglaublich ultrakurzer Umbaupause, dank fleißiger Technik-Crew und hilfreicher Dreh-Bühne, stehen die vier erfahrenen Berliner Rock-Musiker von Crystal Palace am abschließenden Festival-Sonntag auf der Bühne des Neuberinhaus. Das leider Pandemie bedingt spärliche circa 200-köpfige Club-Publikum versammelt sich wieder in der Prog-Kathedrale erwartungsfroh davor. Dieses Quartett ist kein unbeschriebenes Blatt mehr, hat bereits in ganz Europa inzwischen viele Fans, sogar auf der Nordsee-Insel England sind sie sehr beliebt. Warum, weil sie exzellente zeitgemäße Rock-Musik machen die viele Musikfans begeistert !! Sie können locker mit den europäischen Schwergewichten mithalten. Und genau, noch bekannter wird man durch Auftritte vor Publikum.
Die Melodic-Art-Rocker wurden als Trio bereits Anfang der 90iger in Berlin gegründet. Von gitarrenbetonter Instrumental-Musik führt der Weg zum Art- und Bombast-Rock weiter zum Debüt »On The Edge Of The World« (1995). Es folgten regelmäßig weitere gute Alben, die Besetzung um Mitgründer und inzwischen Frontmann Yenz Strutz (Gesang, Bass) stabilisierte sich dann mit Langzeit-Mitglied Frank Köhler (Keyboards), etwas später kamen noch Nils Conrad (Gitarre), Frank Brennekam (Schlagzeug) dazu. Richtig Fahrt nahmen das Quartett mit »The System Of Events« (2013) auf, das von einigen bekannten Künstlern wie Colin Edwin (Porcupine Tree), Kalle Wallner und Yogi Lang (beide RPWL) kollegial unterstützt wurde. Das bisherige Meisterstück »Scattered Shards« (2018, sehr schönes Art-Cover) erhielt in den verschiedenen Musik-Magazinen und digitalen Plattformen überaus berechtigt wieder mal hervorragende Kritiken. Die erfolgreiche Geschichte wird nun zukünftig mit weiterhin stabiler Mannschaft und brandneuen Material weitergeschrieben. In Reichenbach präsentierten die Vier, in der Trommelburg sitzt nun schon seit 2014 Tom Ronney, leider das neue Material vom kommenden Konzept-Album »Still There« noch nicht. Jedoch war die Titelliste mit drei gleichen Blöcken aus den zwei vorgenannten Alben sowie auch noch von »Dawn Of Eternity« (2016) sehr ausgewogen.
Das Rock-Quartett war beim Art-Rock-Festival 2020 extrem gut drauf und in Ultra-Spiellaune. Gleich der großartige Titelsong »Scattered Shards« zündete und es gab noch drei weitere gute Titel vom gleichnamigen noch aktuellen Album obendrauf. Es ist diesmal auch Zeit genug fast ausschließlich lange Titel zu spielen und die auch noch etwas zu improvisieren. Der Auftritt ist wie eine enorm druckvoll präsentierte Live-Retrospektive der zweiten Bandphase seit 2010. Glasklarer Sound, dazu passende akzentuierte und intelligente Lichtunterstützung. So kann gradlinige, moderne Rockmusik richtig Spaß machen, die Besucher sind ausnahmslos begeistert, das wirkt sich auch, für die Band sehr erfreulich, auf das Merchandise und die Reputation aus. Mein Fazit: Diese Truppe gehört wie Long Distance Calling, Sylvan oder RPWL sicher in die oberste Liga der deutschen Rock-Mucke. Und ich bin sicher, wenn diese vier sympathischen Berliner zusammenbleiben, werden wir noch viele Kracher-Konzerte mit ihnen zusammen erleben. Wer es bis dahin nicht aushält, zum Jahresende kommt das erste Live-Album, voraussichtlich sogar mit Bonus-DVD. Darüber hinaus Folks, seit sehr gespannt auf das geplante Konzept-Album »Still There«. Mit diesen beiden Werken wird die Kristall-Palast-Geschichte erfolgreich weiterschreiben. Da bin ich sehr sicher !! Besucht auch Crystal Palace digital.
SchoTTenTalk – Ich spreche mit dem gefühlt immer gut gelaunten Yenz kurz nach dem Auftritt wieder über den Stand in der Band & die allgemeine Stimmung sowie auch über die schwere Zeit für die Kulturbranche. Einige Feier-Biester aus dem Publikum sind auch dabei. Er freut sich aber über meine Begeisterung und wir vereinbaren weitere engere Zusammenarbeit. Das neue Konzept-Album »Still There« schreit nach Promo. Sicher wird Bodo Kubatzki von BK EventPhoto wieder mal eines seiner fundierten inhaltsvollen Interviews führen. Ich wünschte Yenz und der kompletten Band eine sichere Rückreise in die Bundes-Hauptstadt Berlin, noch viele ebensolchen fulminanten Auftritte mit entsprechender guter Zuschauer-Resonanz wie hier. Weiterhin das Crystal Palace noch mehr beachtet wird und den verdienten Lohn für fast 30 Jahre leidenschaftliches musizieren einfahren. Lieber Yenz: Und ja, ich liebe auch eure wie du sie nennst Kiffer-Musik. DANKE Crystal Palace, es war wie immer wieder schön mit euch !!
Neue Deutsche Meister – Rockiges Doppelpack, auch diesmal wieder aus Berlin
Schon 2017 sorgte der Berliner Philipp Nespital mit einem seiner Projekte in der Breite für große Begeisterung in der deutschsprachigen Prog-Rock-Szene. Das zweite Album »The Ocean« (2017) vom Projekt smalltape zählte laut verschiedenen Print & Internet Medien zu den herausragenden progressiven Veröffentlichungen 2017. Das Musik-Magazin Empire begleitet den Weg dieses Künstlers und seiner Weggefährten bereits seit der VÖ des Debüts »Circles« (2011), das Magazin eclipsed bezeichnete smalltape sogar (berechtigt) als neuen Stern am Art-Rock-Himmel. Vor allem mit ihren Auftritten zusammen mit der US-Art-Rock-Band Bent Knee, den beiden vom Publikum gefeierten 2018er Auftritten beim Night Of The Prog Festival Loreley und 2 Days Prog + 1 Festival im norditalienischen Veruno, stellten smalltape unter Beweis, dass das Band-Projekt über ihren Status als Geheimtipp weit hinausgewachsen ist.
Braucht dann ein/e Projekt/Band die mit dem großartigen Ultra-Hammer »The Ocean« eines der besten deutschen Prog-Alben seit langem veröffentlicht hat und von der in vielen Musik-Magazinen und Plattformen geschwärmt wird, die auch eine Umsetzung des Konzept-Werks Live auf der Bühne vielfach reproduzierbar exzellent präsentierte, tatsächlich noch positive und hoch lobende Presse?? Natürlich, das haben wir mit anderen jungen herausragenden Bands auch gemacht und die sind heute Stars der Neo-Prog-Szene. Nach dem wirklich überzeugenden Auftritt vor großen Publikum in der Arena Sankt Goarshausen legen die fünf Berliner noch einige Zacken zu. Druckvolle präzise Bassläufe von Alexandra Praet, Gitarren-Salven mit denen man nicht nur Brot schneiden könnte von Flavio De Giusti, Scott Thomas bearbeitet das Saxofon fett & breit wie Klaus Doldinger oder virtuos & gefühlvoll wie Jan Garbarek, Diego Caetano schuftet in seiner Trommel-Burg mit Muskelkraft und gefletschten Zähnen und über allem in der Zentrale wo alle Fäden zusammen laufen Master-Mind Philipp, der sein Instrumentarium perfekt beherrscht, wo alles auf unglaublich perfekte Weise verwoben wird. Schnell man ein Sample gestartet, Haupt-Thema auf der Akustischen, singt dazu, in der Titelpause schnell mal ein Kabel umgesteckt, bei der Ansage zum nächsten Stück auch mal parallel die Batterien eines Gerätes getauscht, Mann hat der Philipp Nerven. Und das ganze Kollektiv verzaubert mit diesem Klangerlebnis das Publikum in Veruno. Wie magnetisch angezogen, finden sich bei der ersten Band des Tages immer mehr Liebhaber und Überraschte in der Nähe des Spektakels ein. Und dass auch viele Nicht-Deutsche von der musikalischen Qualität dieser Berliner Teutonen von smalltape begeistert sind, zeigt die Menschentraube von dem Merchandise. Zwei Italiener lassen sich sogar vergrößerte gerahmte Bilder des Ocean-Covers signieren, da ist selbst der coole Philipp überrascht. Aktuell informiert smalltape dass sie fleißig am dritten Album arbeiten. Das wird sicher demnächst die Lautsprecher der Welt ertönen lassen. Besucht auch mal smalltape Video digital auf YouTube.
Die grundlegenden Zutaten sind aus fast 60 Jahren anspruchsvoller Rock-Musik bekannt, Vergleiche kann und könnte man also wieder einmal dutzendfach ziehen, dennoch ist das neue Werk aus der Berliner Schmiede um Philipp Nespital in jeder Hinsicht eigenständig, zeitgemäß, druckvoll, homogen und sehr hörenswert. Nach mehrmaligem durchgehendem Anhören des Debüts des Berliner Band-Trio Mt. Amber bestand bei mir damals akute Suchtgefahr, das hat sich auch bis heute nicht geändert. Ich war auch schon von dem berechtigt hoch gelobten Album »The Ocean« (Philipp´s Solo-Projekt smalltape) total begeistert, wünschte mir, was ich auch den smalltapes mehrmals persönlich sagte, für das nächste Album zu den bereits bekannten guten Zutaten, unter anderem mehr rockigere Passagen und vor allem mehrstimmigen Gesang. Und volar, hier auf »Another Moon« wird alles reichlich geboten. Schon das 11-minütige Eingangsstück »All We Are« glänzt mit allen vorher genannten Attributen. Im siebenteiligen Episoden-Song-Zyklus und titelgebenden Meisterstück »Another Moon« wird auf über 30 Minuten aber dann noch deutlicher was für ein eingespieltes, kollektives Team als Progressiv-Maschinerie hier werkelt.
Der Kern dieser Band Mt. Amber sind Alexandra Praet (Bass, Keyboards, Gesang), Christopher Zitterbart (Gitarren, Gesang), Philipp Nespital (Schlagzeug, Keyboards, Gesang), drei ehemalige Mitglieder der Berliner Progressive-Rock-Band Treehouse Scenery (2013: EP »Cocoon«). Bereits schon 2015 formierten sie das Progressive-Rock-Trio Mt. Amber, arbeiteten seither in diesem Projekt an einem eigenständigen, modernen und charakteristischen Sound. Inzwischen ist für Auftritte Josip Duvnjak an den Keyboards noch mit dazu gekommen. Aufgrund enger Verbindungen einiger Band-Mitglieder auch zur Film-Branche, enthalten die Kompositionen von Mt. Amber (aber auch die von smalltape) in Musik und Text zudem auch ein starkes narratives Element. Diesen progressiven Rock präsentieren die Drei nun mit dem aktuellen Debüt »Another Moon«, das April 2019 bei recordJet erschienen ist und danach auch bei einigen Konzerten Live komplett vorgestellt wurde !! Wegen der üblen Pandemie laufen auch hier wie bei vielen anderen Künstlern Live-Aktivitäten erst mal auf Sparflamme. Alternativ kann man sich aber per digitaler Konserve beispielsweise auch mit der exklusiven Live-Video-Version des dynamischsten Songs »Amok«, aufgenommen von Jean-Marc Junge im März 2018 im Berliner Maze, von der eingespielten Qualität der vierköpfigen Live-Band überzeugen lassen.
Im Dunstkreis um Philipp Nespital wird nichts dem Zufall überlassen, hier arbeitet ein kreatives Kollektiv. Vom Design-Team (dezentes Artwork des Logo, Cover, Booklet), über das Mastering und die unterstützenden Musiker & Helfer, hier wird wie bereits gesagt auf bekannte gute Zutaten gesetzt. Die drei Musiker weisen immer wieder darauf hin, dass Mt. Amber im Gegensatz zum Solo-Projekt smalltape eine Band ist, obwohl auch die smalltape Besetzungen bisher immer als starke Kollektive auftraten. Und das hier gleichberechtigte Musiker auf Augenhöhe zusammen gerne musizieren, das hört man bei »Another Moon« über die gesamte 50-minütige Spielzeit deutlich. Hier wechselt Rockiges mit ruhigen Passagen, die meisten Texte werden von Philipp´s ausgeprägten Stimme zu Gehör gebracht. Somit deckt sich all das mit den Aussagen von Philipp Nespital: „Es gab für mich niemals Zweifel, dass die Songs, die ich für unsere Band Mt. Amber schrieb, auch für smalltape geeignet wären. Sobald ich aber einen Song für uns geschrieben hatte, begannen wir Drei gemeinsam daran zu arbeiten und zu feilen.“ Und der mehrstimmige Gesang könnte auch ein gewisses Markenzeichen der Band werden.
Hört mal rein bei diesem modernen, germanischen Progressive-Rock von Mt. Amber: zeitgemäße Lyrics & Musik, atmosphärisch & episch, ruhig & emotional, rockig & wütend, musikalisch tiefgründig, harmonisch mit Mehrstimmigkeit, aber auch stets bodenständig, zugänglich, nachdenklich sowie immer mit eindeutigen und unüberhörbaren Wurzeln in die geradlinige Rock-Musik. Großartige Handwerkskunst !! Besucht auch Mt. Amber Video digital auf YouTube.
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