1970 wollten Ray Russel und Alex Harvey eine Band zusammenstellen und mit ihr Jazz und Rock verknüpfen. Etwa zur gleichen Zeit versuchten das andere Musiker, ich denke da an Alexis Korner und seine CCS.
Ray Russel war ein gefragter Gitarrist und zur Zeit der Bandgründung bei Georgie Fame und seinen Blues Flames beschäftigt. Mit diese Art der kommerziellen Musik verdiente er sich seine Brötchen, aber seine liebe galt dem Jazz und hier der sogenannten „Avantgarde“. Als Ray Russel eine Aufführung des Musical „Hair“ besuchte, traf er Alex Harvey. Alex Harvey trat bei „Hair“ auf, ich schrieb dazu den Beitrag „Hair Rave Up“. Ray Russel nahm Songs mit den Blues Flames auf, als Alex Harvey mit seinem Bruder Leslie Harvey im selben Studio auftauchte. Das Studio war das Kingsway Recorders Studio in London. Ray Russel war von Alex Harvey und seinem Gesang begeistert. Beide wollten ein gemeinsames Album aufnehmen. Man wollte eine Band mit viel Gebläse und es sollte jazzig werden. Die ausgesuchten Musiker hatten alle Erfahrung mit musikalischen Experimenten, das sollte passen. Ray Russel schrieb die Arrangements und einige der Texte. Die restlichen Texte stammten von Alex Harvey.
Am 4. und 5. April 1970 ging die Band in die De Lane – Lea Studios und nahm die Songs für das erste Album auf. Der Koordinator des Projekts war Ray Fenwick, Produzent Martin Birch und Fritz Frier der Toningenieur (andere Quellen vertauschen die Funktionen von Birch und Frier).
Wenn man sich das Album anhört, dann passt der Name der Band ganz gut „Rock Workshop“, mit Betonung auf „Workshop“. Es wird viel experimentiert, bestes Beispiel ist das Medley „He Looks At Me / Mooncross Grove“. Es gibt nicht nur hier immer wieder Ausflüge in den Free Jazz. Alex Harvey ist mit seiner Stimme auf vier Songs vertreten, einmal übernimmt Al Greed und der Rest ist instrumental. Die Wechsel von Rock und Blues zum Free Jazz sind, sagen wir mal für den durchschnittlichen Rockhörer, sehr anstrengend. Ray Russel und seine Gitarre stehen meist im Mittelpunkt und seine Soli passen mehr zum Jazz als zum Rock. Anspieltipp für Blueser ist „Hole In Sthe Stocking“, für die Jazzer das oben genannte Medley „He Looks At Me / Mooncross Grove“. Mir persönlich gefallen „Born In The City“ und „Wade In The Water” am besten.
In der Besetzung der ersten Formation gab der Rock Workshop einige Konzerte im Marquee Club und an Universitäten wie Oxford und Cambridge. Das war nicht viel, wahrscheinlich weil die Band zu groß war und die Musiker den Rock Workshop nur als Nebenjob sahen.
Am zweiten Album war Alex Harvey nicht beteiligt. Ich kenn es nicht und kann daher nichts zu der Musik schreiben. Der Vollständigkeit halber erwähne ich es unten. Es soll kommerzieller sein, nach einem Wunsch der Plattenfirma. Nach dem zweiten Album war der Workshop beendet.
Der Rock Workshop war für die beteiligten Musiker eine Nebenprojekt, sie waren zur gleichen Zeit mit anderen Aufnahmen beschäftigt, so zum Beispiel mit Keef Hartley, Jack Bruce oder Alex Harvey.
Rock Workshop sollte als englische Ausgabe von Blood Sweat And Tears vermarktet werden, aber das funktionierte nicht. Ein Vergleich mit Blood Sweat And Tears ist auch ziemlich abwegig, so jazzig waren Blood Sweat And Tears nie! Einige Songs passen stilistisch zwischen Jack Bruce und Keef Hartley, wenn es nicht gerade in Richtung Free Jazz geht.
Mangels ausreichender Werbung der Plattenfirma floppten die Alben. Angel Air erinnerte sich Jahre später und veröffentlichte beide Alben im Jahr 2003.
Rock Workshop – Rock Workshop
Die Band:
Ray Russell: guit.
Daryl Runswick: bass
Bob Downes: flt., sax.
Tony Roberts: flt., sax.
Robin Jones: perc.
Alan Rushton: drums
Robin Jones: drums
Harry Beckett: trpt., flügelhorn
Tony Roberts: flt.
Brian Miller: keyb.
Derek Wadsworth: tromb.
Bud Parks: trpt.
Alan Greed: voc.
Alex Harvey: voc.
Die Songs auf der Ausgabe von Angel Air:
Ice Cold
Wade In The Water
Hole In Her Stocking
He Looks At Me / Mooncross Grove
Spine Cop
Born In The City
Theme For Freedom
You To Lose
Bonus Tracks
Spine Cop (Alt Version)
Hole In Her Stocking (Alt Version)
Born In The City (Alt Version)
You To Lose (Alt Version)
Primrose Hill
Return Of The Goddess
Rock Workshop – The Very Last Time
Die Band:
Ray Russell: guit.
Daryl Runswick: bass
Tony Uter: perc.
Alan Rushton: drums
Bud Parkes: flugelhorn
Harry Beckett: flugelhorn, trpt.
Bob Downes: flt., sax.
Tony Roberts: flt., sax.
Brian Miller: keyb.
Phil Wainman: perc.
Derek Wadsworth: trombone
Bud Parkes: trpt.
Alan Greed: voc.
Ginger Harper: voc.
Die Songs:
Living Reason
Street War (Part 1)
Street War (Part 2)
Going Home
What’s Min Is Mine
Weeping Wood Mandalas
Forgotten How To Live
Light Is Light
I Think It’s …
Ella Banta Dum Bundy
Very Last Time
Harry Beckett? Interessant wo die erste Reihe Jazzer überall herumstiefeln. Ich habe eine LP-Version des Albums, aber bin jetzt etwas überrascht, ist mir der Herr Beckett doch bis jetzt nicht aufgefallen (oder ich habs wieder vergessen). Ist übrigens ein Tip von mir, wem moderner Jazz aus dem U.K. liegt, der soll doch bitte mal seine Tonträger auschecken (als Leader oder als Sideman).