Obwohl ich ein Fan der Pretty Things bin, machte ich um diese Sessions immer einen Bogen. Warum? Keine Ahnung. Wahrscheinlich, weil die Alben nicht so einfach zu bekommen waren, die Preise jenseits meiner Schmerzgrenze lagen oder weil die Kritiken nicht unbedingt positiv waren. Endlich gibt es sie aber, sämtliche Aufnahmen aus den Studios von de Wolfe in einer Box und das zu einem vernünftigen Kurs. Herausgegeben hat die Box 2019 Grapefruit Records, ein Ableger von Cherry Red Records.
Etwas zu de Wolfe Music. De Wolfe gibt es als Verlag von Noten bereits seit 1909. Erste Aufnahmen fanden 1927 statt. De Wolfe versteht sich als „Music Library“ ähnlich wie KPM Musichouse oder die Chappell Music Library. Man wollte Musik für die Nachwelt sichern und nicht unbedingt die Charts bedienen. Also wurden Musiker und Bands gesucht, um mit ihnen zeitgenössische Musik zu archivieren. Es war nicht nur Rock, es gab auch Schallplatten mit den Stilen Klassik oder Jazz. Monty Python oder Mark Ronson gehörten später ebenfalls zu den Kunden von de Wolfe. Es ist interessant was de Wolfe alles produziert und archiviert hat, einfach mal die Suchmaschine anwerfen und dann in dem Katalog blättern. Es gab noch einen anderen Grund, warum sich diese „Librarys“ um Aufnahmen mit den populären Künstlern kümmerten. Die Filmbranche suchte günstige Musik für ihre Filme und die Rechte an aktuellen Songs aus den Charts waren einfach zu teuer!
Mitte der 1960er Jahre war die Musik des „Swinging London“ angesagt und sollte konserviert werden. De Wolfe fand Gefallen am aggressiven Sound der Pretty Things. Das wilde Aussehen spielte wohl auch eine Rolle. de Wolfe hatte auch schon einen Namen für die Band „The Electric Banana“, ein Zitat aus „Mellow Yellow“ von Donovan. Zu The Electric Banana gehörten 1967 Phil May, Dick Taylor, Wally Waller, John Poverty und eventuell Skip Alan. Ob Skip Alan mit dabei war, konnte von Grapefruit Records nicht eindeutig geklärt werden.
Das erste Album war das 1967 erschienen 10‘‘ Minialbum „Electric Banana“. Wie es sich für eine „Bücherei“ gehört, sollte es historisch wertvoll werden. Die A-Seite mit Gesang von Phil May, die B-Seite rein instrumental (Instrumental ist besser geeignet als Untermalung von Filmszenen, ein weiterer Grund). De Wolfe hatte eigene Komponisten und Arrangeure. „Cause I’m A Man“ und „Free Love“ stammten zum Beispiel von Peter Reno, aka Cliff Twemlow. Gebläse musste, nach Meinung des Chefs James de Wolfe, auch sein. Das Tilsley Orchestral übernahm diesen Job.
Ein zweites Album wurde im selben Jahr unter dem Titel „More Electric Banana“ aufgenommen. Das Muster war mit dem ersten Album identisch, eine Plattenseite mit Gesang und die andere ohne. Diesmal hielten sich die Komponisten und das Blasorchester von de Wolfe zurück und überließen alles The Electric Banana. Die geplante Stilrichtung war „garage-psych“. Die Songs sollten für die Filmindustrie aufgenommen werden und wurden auch in zahlreichen Filmen verwendet.
Das nächste Album war als Musik zum Film „What’s Good For The Goose“ von Tony Tenser vorgesehen. Das entsprechende Album nannte sich „Even More Electric Banana“. „What’s Good For The Goose“ erschien 1969, ich habe ihn nie gesehen, mittlerweile ist er Kult in GB. Die Band arbeitete hier eng mit der Crew zusammen, die Songs entstanden zum Teil parallel mit den Aufnahmen der einzelnen Filmszenen. Als der Film nicht mehr in den Kinos lief, ging es auch mit The Electric Banana zu Ende, man löste sich auf.
Wie bereits oben geschrieben, die Filmindustrie suchte preiswerte Musik und da passten die Songs der Electric Banana in das Schema. Songs von ihnen tauchten in diversen anderen Filmen und Fernsehserien auf. Eine dieser Serien war „Dr.Who“. The Electric Banana wurden wieder populär und es mussten folglich mehr Songs von den Electric Banana her! Phil May, John Povey, Skip Alan, Pete Tolson, Stuart Brooks und Gordon Edwards gingen zurück in die Studios von de Wolfe, „Hot Licks“ entstand 1973. Serien und Filme wie „Public Eye“, „The Sweeney“, auf Deutsch „Die Füchse“, oder „Snake Dancer“ waren erst einmal mit Songs versorgt und die Electric Banana lösten sich erneut auf. Auch bei „Hot Licks“ gab es eine Plattenseite mit Gesang und eine ohne.
1977 hatten The Pretty Things wenig zu tun. Bei de Wolfe wurde angefragt, ob der Verlag Interesse an einem neuen Album hätte. De Wolfe hatte Interesse. Mit Phil May, Wally Waller, Mickey Finn, Brian Johnson, chico Greenwood und Bill Lovelady nahmen sie „The Return Of The Electric Banana“ auf. Filme wurden auch gefunden, wie zum Beispiel „Dawn Of The Dead“ oder „The Comeback“.
Für die Pretty Things war nach diesem Album Schluss mit de Wolfe, nur Wally Waller blieb mit seiner eigene Band noch eine Weile bei de Wolfe. Die Songs von The Elctric Banana wurden noch bis in die 2000er Jahre in Serien und Filmen verwendet.
Einer bestimmten Musikrichtung kann man The Electric Banana nicht zuordnen. Es reicht vom typischen Beat der 1960er Jahre über Countryrock bis Hardrock. Manchmal, aber ganz selten, kommt auch ein wenig Blues vor. Nicht vergessen, die Songs waren vorwiegend als Filmmusik gedacht! Mit der Musik von The Pretty Things gibt es natürlich Überschneidungen, „S.F. Sorrow“ ist so eine. Es ist etwas mühsam zuerst den Song mit Stimme zu hören und dann das Ganze ohne Gesangsspur. Wahrscheinlich wurden die Originalalben daher auch wenig verkauft, Zusammenstellungen mit Gesang waren dafür besser geeignet und häufiger zu finden. Sämtliche Aufnahmen von de Wolfe haben auf drei CDs Platz gefunden. Der billigen Pappschachtel ist ein Begleitheft beigelegt, hier kann man die Geschichte von The Electric Banana, geschrieben von David Well, nachlesen. In dem Begleitheft gibt es auch die Zusammenstellung der an den Aufnahmen beteiligten Musikern.
CD 1 der Box:
Electric Banana
Die Band:
Phil May: voc.
Wally Waller: bass
Dick Taylor: guit.
John Povey: keyb., drums
(Einige Quellen nennen zusätzlich Skip Alan als Drummer)
Mit Gesang – A-Seite der LP:
Walking Down The Street
If I Needed Somebody
Free Love
‚Cause I’m A Man
Danger Signs
Instrumental – B-Seite der LP:
Walking Down The Street
If I Needed Somebody
Free Love
‚Cause I’m A Man
Danger Signs
More Electric Banana
Die Band:
Phil May: voc.
Wally Waller: bass
Dick Taylor: guit.
John Povey: keyb., drums
(John „Twink“ Alder wird von anderen Quellen ebenfalls genannt, doch her stieß erst beim nächsten Album zur Band)
Mit Gesang – A-Seite der LP:
I See You
Street Girl
Grey Skies
I Love You
Love Dance And Sing
A Thousand Ages From The Sun
Instrumental – B-Seite der LP:
I See You
Street Girl
Grey Skies
I Love You
Love Dance And Sing
A Thousand Ages From The Sun
CD 2 der Box:
Even More Electric Banana
Die Band:
Phil May: voc.
Wally Waller: bass
John “Twink” Alder: drums
Dick Taylor: guit.
John Povey: keyb.
Mit Gesang – A-Seite der LP:
Alexander
It’ll Never Be Me
Eagles Son
Blow Your Mind
Whats Good For The Goose
Rave Up
Instrumental – B-Seite der LP:
Alexander
It’ll Never Be Me
Eagles Son
Blow Your Mind
(„The Dark Theme“ – später auf auf CD 3 zu finden)
The Electric Banana – Hot Licks
Die Band:
Phil May: voc.
John Povey: keyb., voc
Skip Alan: drums
Pete Tolson: guit.
Gordon Edwards: keyb., guit.
Stuart Brooks: bass
Mit Gesang – A-Seite der LP:
Sweet Orphaned Lady
I Could Not Believe My Eyes
Good Times
Walk Away
The Loser
Easily Done
Instrumental – B -Seite der LP
Sweet Orphaned Lady
I Could Not Believe My Eyes
Good Times
Walk Away
The Loser
Easily Done
CD 3 der Box:
The Return Of The Electric Banana
Die Band:
Phil May: voc.
Wally Waller: bass
Mickey Finn: guit.
Bill Lovelady: guit., mandoline
Chico Greenwood: drums
Brian Johnson: keyb.
Mit Gesang – A-Seite der LP:
Do My Stuff
Take Me Home
James Marshall
Maze Song
Whiskey Song
Instrumental – B -Seite der LP:
Do My Stuff
Take Me Home
James Marshall
Maze Song
Whiskey Song
The Dark Theme