Moby Grape – Tragische Rocker 2

☺ Skip Spence ☺ Jerry Miller ☺ Peter Lewis ☺ Bob Mosley ☺ Don Stevenson

Die tragischen Moby Grape sind eine Nord-Amerikanische Rock-Gruppe, die 1966 hauptsächlich von Alexander Skip Spence und Manager Matthew Katz gegründet wurde. Die beiden standen schon vorher in Verbindung, beide hatten mit der Frühphase von Jefferson Airplane zu tun. Alle fünf Gründungsmitglieder, Alex Spence (Gitarre: Rhythmus), Jerry Miller (Gitarre: Solo), Peter Lewis (Gitarre: Fingerpicking, vorher The Cornells), Bob Mosley (Bass, vorher The Misfits), Don Stevenson (Schlagzeug, mit Jerry Miller von The Frantics, The Warlocks) waren sowohl Songschreiber als auch Sänger. Sie verbanden in ihren Songs rockige Elemente von Folk, Blues, Country und Jazz miteinander zu ihrem eigenen Stil der sich am damaligen Zeitgeist der Flower-Power-Generation orientierte. Die heute hier in Europa immer noch recht unbekannte Band, zählte damals zu den einflussreichsten Formationen der 60iger in der Musikszene der Bay-Area (San Francisco). Trotz sehr vieler Schwierigkeiten haben sich die Musiker über Jahrzehnte bis heute sporadisch immer wieder zu Live-Konzerten zusammengefunden.

Moby Grape: Promo_1

Moby Grape: Promo_2

Leider ist ihre Geschichte auch sehr stark belastet mit vielen personellen & persönlichen Tragödien, geschäftlichen Fehlentscheidungen, permanenten gerichtlichen Auseinandersetzungen, die bis heute andauern und genau dazu geführt haben, dass sie trotz beachtenswerter musikalischer Quantität und Qualität immer weiter in Vergessenheit geraten sind. Somit vermeintliche gute Freunde um ihren berechtigten Ruhm gebracht wurden und in bitterer Armut leben mussten und bettelarm starben. Wieder einmal, sehr Schade !! Leider passiert, dass besonders in der Musikbranche sehr häufig, da bei Musik nicht mit realen Waren gehandelt wird und häufig über geistiges Eigentum, Rechte, Position & Hierarchien, Aufteilung, Tantiemen, etc. gestritten wird. Matthew Katz unterstützte die Band bei deren Gründung finanziell, ließ sich dafür aber den Bandnamen rechtlich als sein Eigentum zusichern. Dies hatte zur Folge, dass Katz bis heute bei allen Veröffentlichungen der Gruppe vor Gericht klagt, wenn sie ohne sein Einverständnis unter dem Namen Moby Grape erscheinen. Alle Bandmitglieder erhalten dadurch bis heute keine Tantiemen für ihre früheren Arbeiten, wurden dadurch bis zu ihrem Tod um die Früchte ihrer Arbeit betrogen. Das ist leider seit den musikalischen Anfängen bis heute so und das weltweit. So lief es auch in Britannien fast zur selben Zeit mit den The Animals. Hier hat auch Arrangeur & Keyboarder Alan Price, mit der gleichen Masche Eric Burdon und alle seine damaligen Bandkollegen bis heute um die Tantiemen vieler frühen Songs (inklusive des Mega-Hit ‎»The House Of The Rising Sun«) betrogen. Eric äußerte öfter: Bei jedem Konzert wollen die Fans diesen Hit hören und jedes Mal wenn ich den präsentiere, verdiene ich absolut nichts daran. Nicht ganz so tragisch wie bei Moby Grape, da ja Eric danach noch dutzendweise Hits produziert hat und bis heute von seinem musikalischen Schaffen ganz gut leben kann.

Moby Grape Moby Grape (1967)

Moby Grape: Wow (1968)

Moby Grape: Grape Jam (1968)

Deren Liste der Kuriositäten ist ellenlang: unverschämt hohe Forderungen für Auftritte und dadurch Verlegung oder sogar Absagen. Gerüchte über sexuelle Auswüchse vor/nach Auftritten. Drogen-Exzesse, einmal sogar von Skip Spence mit Axt-Attacken, Polizeieinsatz und 6-monatigen Aufenthalt in der Psychiatrie. Skip (und später auch Bob) erkrankte an Schizophrenie, konnten nicht mehr arbeiten und Bob Mosley trat dann auch noch spontan der US-Army bei, wurde aber nach etwa einem halben Jahr schon wieder entlassen. Alles ist zurück zuführen auf Frust wegen der Streitigkeiten, Überlebenskampf und den damit verbundenen massiven Konsum an Alkohol & Drogen. Dennoch wurde ‎»Truly Fine Citizen« das letzte gemeinsame Studio-Album für Columbia noch im Herbst 1969 VÖ. Inzwischen waren die rechtlichen Streitigkeiten mit Matthew Katz in einen Kleinkrieg übergegangen. Die Band löste sich schließlich Ende 1969 das erste Mal auf. Die beiden arbeitsfähigen Kumpel Jerry Miller und Don Stevenson gründeten dann das Quartett The Rhythm Dukes, das mit mäßigen Erfolg agierte, aber wenigstens den Lebensunterhalt damit sicherte. Deren einziges Album ‎»Flashback«, aufgenommen 16. April 1970 im  Church Studio in San Anselmo, erschien aber erst 2005 im Eigenvertrieb, also 35 Jahre später. Die fünf der Trauben-Bande kamen 1971 für das Reprise-Album ‎»20 Granite Creek« wieder zusammen, spielten auch wieder viele Konzerte, kurz danach war mal wieder die Luft raus. In den 70iger- und 80iger fanden sich Gruppenmitglieder immer wieder in verschiedenen Formationen zusammen, Fine Wine (Polydor-Album), The Ducks (Live-Bootleg, weitere Titel als Download), aber auch als Fünfer-Kollektiv unter Namen wie Mosley Grape, Legendary Grape oder The Melvilles. Aber auch Mat-Katz war nicht untätig. Der ließ auf seinem Label San Francisco Sound das Album ‎»Moby Grape« (später mit Zusatz 1984 Reunion) mit Kompositionen der Grapes produzieren. Nur der Alkohol & Drogen geschädigte Bob Mosley war als Voll-Mitglied mit dabei, der Rest der Truppe nicht. Das Studio-Album ‎»Moby Grape« (1989) der fünf Gründer wurde dagegen wieder mal von Katz beklagt, eingestampft und später als ‎»Legendary Grape« 2003 (mit Bonus 2004) erneut VÖ.

Rhythm Dukes: Flashback (05)

Vintage: Very Best Of Moby Gra

Moby Grape: Legendary Grape

Immer wieder wurde massiv versucht das Bollwerk Matthew Katz zu durchbrechen, aber nur der Pate hatte gut verdient an der großartigen Musik der Band, die eigentlichen Macher wurden ständig mit Almosen abgespeist. In Musiker-Kreisen genießen vor allem die prägenden Mitglieder der Band sowie auch deren frühe Kompositionen höchste Anerkennung, was absolut gerechtfertigt und passend ist. Miller und Lewis arbeiteten erfolglos Solo, Stevenson zog sich frustriert aus dem aktiven Musikerleben zurück und verkauft jetzt Immobilien, Mosley und Spence (verstarb 1999 total verarmt) lebten vorwiegend in Obdachlosigkeit, wieder einmal alles sehr tragisch !!

Moby Grape hat uns aber Ihre Musik vermacht, blieb immer sehr nah am typischen, leicht psychedelischen, gern von Harmoniegesang geprägten San-Franzisco-Sound der späten Sechziger. Jedenfalls lebt in der Musik der Geist jener Tage an jenem Ort deutlich fort, ist viel von der positiven Energie, dem (schlussendlich leider nur erträumten) Aufbruch in freiere Zeiten zu spüren. Das Zusammenspiel der drei Gitarristen (wie bei Buffalo Springfield) nannte die Band Crosstalk und war eines ihrer prägenden Markenzeichen.

Das Werk von Moby Grape ist auch wegen der wechselhaften Vorgeschichte überschaubar geblieben und gut nachgezeichnet mit der Werkschau ‎»Vintage: The Very Best Of Moby Grape« (1993) auf einer Doppel-CD. Dort ist fast alles versammelt was sie für Columbia Records im Studio gemacht haben, darüber hinaus zusätzliche einige Demos, Live-Titel, Alternativ-Versionen, Raritäten. Insgesamt vermittelt diese schöne Zusammenstellung nicht nur das damalige gut gelauntes, mehr oder weniger dynamisches Vor-Sich-Hin-Leben, sondern sagt damit auch mehr über die Zeit und Ort, als manche andere Zusammenstellung von sogenannten Hits aus der Zeit. Anfang der 70iger wechselten sie zu Reprise und VÖ dort auch noch gutes Material. Allerdings entstand in der Zeit Ende der 60iger ihr Vermächtnis. Aber selbst für Vintage hat die Band wegen des Katz-Grape-Krieges auch keine Tantiemen bekommen !!

Weiterlesen RZ: Tragische Rocker – Klingende & Rhythmische Grüsse, Der SchoTTe

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2 Kommentare

  1. Sehr guter Kommentar !! Bei der Serie Tragische Rocker geht es NICHT um Schuld, sondern um die traurigen Seiten des Lebens, die aber auch mit dazu gehören.

    Thema Moby Grabe: Es stimmt alles was du geschrieben hast. Auch die fünf Haupt-Protagonisten von Moby Grape haben wegen verschiedenster Fehler mit zu der tragischen Verkettung von Ereignissen beigetragen. Beispiel_1: Das präsentieren und promoten des ersten selbstbetitelten Album mit einem Dutzend Singles, wer hat das zu verantworten? Da gibt es verschiedene Aussagen. Katz zeigt auf MG, MG zeigt auf Katz, Katz & MG zeigen auf Columbia. Alle wollten so viel wie möglich von ihrer Arbeit profitieren und das ist gut so wenn es gerecht verteilt ist (dazu gehört aber auch das teilen wenn Fehler gemacht wurden). Ich habe auch Kontakte zu Bands und Veranstalter/Labels und kann sagen das oft aus Unerfahrenheit dumme Fehler gemacht werden, die hinterher wieder schwer zu korrigieren sind. Manchmal echt tragisch !! Beispiel_2: Mat Katz hat von den ersten Gesprächen zur Zeit des ersten Albums von Jefferson Airplane auch immer versucht MG zu unterstützen. Das Album MG Reunion 1984 war auch als Unterstützung für die Band gedacht. Tragisch ist wie viel wertvolle Zeit und Ressourcen hier bis heute für Streitereien verbrannt wurden.

    Thema Erich Burdon: EB hat ja bei seiner Farewell-Tour letztes Jahr für Mega-Punk gesorgt. Veranstalter und Künstler haben nun auch den Krieg eröffnet. Siehe https://www.hohenstein-konzerte.de/event/eric-burdon-the-animals-abschiedstour/. Auch hier teile ich deine Meinung. Wir werden die pure Wahrheit zu den Rechten von The House Of The Rising Sun vermutlich nie erfahren, dazu liegen die Vorgänge zu weit zurück und die Protagonisten erinnern sich (wenn sie überhaupt noch leben) an alle Einzelheiten auch nicht mehr sehr genau. Die Geschichte zu diesem Song geht was Text und Melodie betrifft bis in das 16. Jahrhundert zurück. Solche Streitfälle gibt es immer wieder, hundertfach jedes Jahr. Positiv ist wenn die streitenden Parteien sich zusammensetzen, einen Kompromiss finden und das Kriegsbeil begraben, am besten ohne Gerichte. Robert Johnson (siehe Beitrag Crossroads im RZ) und seine Erben wären heute sehr vermögend, wenn er seine Werke hätte korrekt vermarken können.

    Erfreulich ist das in meinem Netzwerk ALLE Kulturschaffenden in der Krise zusammenhalten und sich gegenseitig unterstützen. Beispiele sind Legion. Nur so überleben die Arbeiter auch in der Kleinkunst. Wer für einen Auftritt (der noch nicht mal stattgefunden hat) 25.000 US-Dollar kassiert (ohne Logistikkosten des Veranstalters) gehört sicher nicht in diese Kategorie. Die meisten Künstler die ich kenne (die mindestens auf dem Niveau wie EB musizieren), sind dankbar für einen Auftritt und über einige CD-Verkäufe. Was sagte mir kürzlich der Betreiber eines Blues-Clubs in St. Goarshausen: Wir sind froh das es wieder weitergeht, Auflagen erfüllen wir alle, wir freuen uns, wenn ihr kommt und mitfeiert. That´s Rock´N´Roll, Rolando !! Klingende Grüsse, Der SchoTTe

  2. Die Band hat ja total ins Klo gegriffen, man muss halt auch manchmal mit der eigenen Dummheit und den Konsequenzen leben. Ich meine, so ganz unschuldig war die Band am ganzen Desaster auch nicht.

    Trivia: Die „Same“ wurde nach der Erstausgabe zensiert (flipping the finger) und erst bei viel späteren Veröffentlichungen quasi im Original wiedergegeben. Das Cover war auch noch ein Thema wegen der USA-Flagge die ebenfalls zensiert – nicht zensiert – zensiert etc. wurde. Von wg. Rock’n’Roll ist Rebellion und Aufstand, Rock’n’Roll ist Anpassung und Buckel machen (o.k., vielleicht etwas harsch, aber Freiheitskämpfer waren die populären Bands in den 60ern grösstenteils nicht). Geld regiert die Welt und nicht Rock und Pop.

    Betreffend „The House Of The Rising Sun“, da weiss ich nicht, wie weit eine Bearbeitung gehen muss, damit sie ein neues Copyright bekommt. Der Song stammt ja ursprünglich aus den Nullerjahren des 20. Jahrhunderts und wurde von Eric Burdon „nur“ neu arrangiert und die Lyrics angepasst. Bei Eric Burdon wäre ich sowieso extrem vorsichtig. In Interviews steht immer an erster Stelle wie er angeblich beschissen wurde, nie Geld für seine Leistiungen erhalten hat, keine Anerkennung von irgendwem, sei es seitens der Industrie oder den Bandmitgliedern (oder den Fans). Ein Interview mit Eric Burdon ist jeweils ein Paradebeispiel von jemandem der in Selbstmitleid versinkt und allen anderen Betrug, Lügen und wasweissichnochalles vorwirft. Der Mann schreibt sich seine Geschichten selber und glaubt wahrscheinlich auch noch dran. Gut, da ist er nicht der Einzige, es gibt da so einige Musiker die, entgegen allen Tatsachen, an der eigenen, weinerlichen, Legende basteln.

    Du hast sicher recht, dass Moby Grape hier in Europa nicht zum Millionseller avancierten, aber sie gehören definitiv zur Pop-/Rockgeschichte. Da fällt mir ein, dass von der Debut-LP 10 der 13 Songs auf 5 7″s veröffentlicht wurden und das, notabene, am gleichen Tag. Der ganze Hype und der erbärmliche Versuch des Managements und der Plattenfirma die Band als Stars zu platzieren, hat ihnen wahrscheinlich schlussendlich mehr geschadet als geholfen.

    Cheers

    Roland

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