The Sylvers – Boogie Fever / Free Style (7“, 1975/76)

Das ist eine Single die ich immer wieder mal drücke wenn Besuch im Haus ist. Ich beobachte dann jeweils die Reaktionen, die Besucher hören „Boogie Fever“ und wenden die Lauscher Richtung Jukebox. Normalerweise kommen noch keine Bemerkungen, aber spätestens wenn die B-Seite „Free Style“ erklingt stehen sie auf und sehen nach welche Nummer das Display anzeigt und meistens bekomme ich dann „Kenn ich nicht, ist aber toll!“ als Kommentar.

Mit „Boogie Fever“, eine Auskopplung aus dem Album Showcase (1975) rauschte die aus Los Angeles stammende Familienunternehmung im Mai 1976 auf Platz 1 der Billboard-Charts, eine Position die auch in Kanada, Neuseeland und Australien erreicht wurde. Trotz intensiver Werbung und länderspezifischen Veröffentlichungen blieb diese Kurzrille in Europa allerdings auf der Strecke. An den beiden Tracks lag es bestimmt nicht, die alte Welt war damals wohl ganz einfach auf die explodierende Punkrockszene in England fixiert.

„Boogie Fever“ stammte aus der Feder der Songwriter Freddie Perren (er war auch an „I Will Survive“ von Gloria Gaynor beteiligt) und Kenneth St. Lewis. Die Basslinie wurde von James Jamerson eingespielt, der legendäre Musiker aus dem Motown-Konzern verwendete hierzu ein bei „Day Tripper“ (Beatles) abgekupfertes Riff.  Die Nummer hat enorm Zug, ist zusammen mit dem eingängigen und vielstimmigen Sylvers-Gesang und der Solo-Stimme des jüngsten Zuzuges Foster Sylvers – einem Gegenstück zum damaligen Kinderstar Michael Jackson – geradezu prädestiniert zum Tanzflächenfeger. „Free Style“ setzt noch einen drauf, der von Leon Sylvers verfasste groovy Funkhammer lässt keine Wünsche offen, der Ohrwurm mit dem klasse Funkbass ziehe ich sogar der A-Seite der Single vor. Alles in allem sind diese beiden Tracks das wohl stärkste Material das die Sylvers-Werkstätten jemals verlassen hat, ihre Fusion aus Soul, Funk und Rock war niemals stärker als auf diesen beiden Titeln die noch zur weltweiten Vor-Disco-Phase gezählt werden können. Natürlich lohnt sich auch das Studium der 10 Alben die zwischen 1972 und 1984 erschienen, hier lässt sich die rasante Entwicklung des Souls über Funk und Disco bis zum Poprock nachverfolgen.

The Sylvers waren so etwas wie Äquivalent zu Jackson 5, die älteren Sylvers Charmaine und ihr Bruder Leon waren bereits in den 50ern und 60ern von ihren Eltern als singende Attraktion in TV-Shows vermittelt worden, als Little Angels spielten sie unter anderem im Vorprogramm bei Ray Charles, die eigentliche Karriere unter dem Familiennamen Sylvers starteten sie dann Anfang 70er.


Leon Sylvers entwickelte sich schon bald zum musikalischen Leithengst der Truppe die immer wieder ihr Lineup mit Nachwuchs aus den eigenen Reihen (Grossfamilie eben) veränderte. Die Begleitband die anfänglich noch mit Studio- und Sessionmusikern besetzt war, wurde allmählich durch Instrumente spielende Sylvers ersetzt, Ricky kümmerte sich die Gitarren, Edmund setzte sich hinters Schlagzeug, Leon spielte Bass und James griff in die Tasten. Die Familienbande versuchte alles um sie herum in Eigenregie abzuwickeln, selbst für die Choreografie war mit Olympia Sylvers jemand aus der Familie zuständig. 1978 stieg Leon aus um sich auf die Arbeit als Produzent zu konzentrieren, unter anderem produzierte er Shalamar, Lakeside, The Whispers und Dynasty für welche er sich auch selber wieder ans Mikrofon stellte. Nach dem letzten, zeitgeistigen und dementsprechend ziemlich unterkühlten Pop-Album Bizarre (1984) lösten sich The Sylvers auf, einige der Sylvers machten wie Foster noch ein paar Jahre solo weiter.

LONG LIVE FUNKY MUSIC!
mellow

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Ein Kommentar

  1. #1 in den USA 1976 – in Deutschland kam’s nicht mal in die Charts. Kein Wunder dass es deine Besucher nicht kennen. So unterschiedlich können musikalische ‚Welten‘ sein. Gruß – Ronald;-)

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