Juli 2019. Ich denke die grösste Hitze war im Juni, aber wer weiss was noch kommt, der Sommer geht noch lang. Meine Jukebox habe ich vorsichtshalber mal in den Sommermodus gesetzt, das heisst sie hat entsprechend den wärmeren Temperaturen angepasst ein paar heisse Scheiben in den Laderaum verpasst bekommen. Ich weiss, „heiss“ ist natürlich ein dehnbarer Begriff, es kommt auf das persönliche Empfinden drauf an, bei mir wird „heiss“ im Zusammenhang mit Musik meist verbunden mit höherer Taktfrequenz, mit Gesang der auch mal ausflippen darf, aber immer oder fast immer sollte eine eingängige Melodie oder ein mitwipp/tanzbarer Rhythmus vorhanden sein.
Am Anfang der Umrüstung standen die Ventures mit ihrer „Superstar Revue“ (1975, aus ihrer Disco/Funk-Phase), klasse wie Bob Bogle da ab Mitte des Tracks zum hämmernden Disco-Swing über die Basssaiten schreddert. Und dann natürlich The Rockets aus Frankreich/Italien, die sind gleich mit zwei Singles vertreten, einmal mit „On The Road Again“ (1978), einer Coverversion des Hits von Canned Heat (passt auch irgendwie zum Sommer) und zusätzlich noch mit „Galactica“ von 1980, beides unglaublich zeitloses Space-Dance-Zeug. Der Wunsch mehr in diese vom Groove dominierte Richtung zu gehen keimte auf: Ich schaute mich also ein wenig um bei den Händlern meines Vertrauens und im Handumdrehen flogen mir die bezauberndsten Singles um die Ohren. Als ich dann auch noch „Everlasting Love“ (1968) von Love Affair ergatterte war klar, dass dieser nach wie vor extrem erfrischende Song einer meiner Sommerhits werden würde. Soul, ja, mehr Soul und Funk dachte ich mir und schon war ich mittendrin in der grössten Jukebox-Repertoire-Umkrempelung die ich bislang gemacht habe.
„Rock’n’Roll Soul“ (1972) von Grand Funk Railroad fiel mir in die Hände, Shirley & Company mit „Shame, Shame, Shame“, die Philly-Stars The Three Degrees mit „Dirty Ol‘ Man“, die Motown-Attraktion Commodores mit „Machine Gun“ (1974), die umwerfenden Pointer Sisters mit dem abgedrehten Bluesrocker „Who Do You Love“ (1979). Auch Adriano Celentano fand vor kurzem mit „Azurro“ (1968) ein Zuhause in der Jukebox, Künstler und Song dank ihrer südländischen Herkunft irgendwie Vertreter des ewigen Sommers. Und dann noch etwas was ich seinerzeit verflucht hatte, die Nummer hatte ich regelrecht gehasst: „I’m Your Boogie Man“ von K.C. & The Sunshine Band. Ja aber hallo? Was war anno ’76 los mit mir, dass ich diese grandiose Nummer auf die „zum Teufel-damit“-Liste gesetzt hatte? Ach ja, damals startete die Punk-Sache, meine Lauscher waren daher extrem einseitig austariert. Nun, ich schäme mich nicht meine Meinung im Nachhinein zu revidieren, mittlerweile läuft hier das funky „I’m Your Boogie Man“ in Heavy Rotation, genauso wie „Bad Case Of Lovin‘ You“ (1979) von Robert Palmer und „Jeopardy“ (1983) von der Greg Kihn Band. Weil Sommer ist wurde natürlich auch wieder Jonathan Richman & The Modern Lovers mit „Egyptian Reggae“, seinem alten Novelty-Gassenhauer von 1976 eingewechselt, die B-Seite „Ice Cream Man“ ist nur schon vom Namen her eine hochsommerliche Punktlandung. Schlussendlich Labelle und „Are You Lonely“ (1975), weiss der Raubvogel weshalb ich die drei Ladies Patti Labelle, Nona Hendryx und Sarah Dash immer in die Disco-Ecke geschoben hatte, denn das hier ist begeisternder, fantastisch guter Soul/Funk mit irre Stimmen!
Ja, der Sommer 2019 geht offenbar nicht ganz spurlos an mir vorbei, mein musikalisches Universum dreht sich mal wieder, nur ein paar Grad zwar, aber das reicht schon aus um alles durcheinander zu wirbeln. Und das ist gut so, ich mag Soul, Funk und Rock aus den Siebzigern, eigentlich schon immer. Und so mache ich mich denn einmal mehr auf die Reise in neue, mir noch unbekannte, unerforschte und gigantische Archive in denen hinter jeder Ecke eine ungehörte Attraktion lauert …
LONG LIVE FUNK’N’ROLL SOUL!
mellow