Laura Lee

Laura Lee?
Die kennen wohl nur Insider… aber hey… das ist Soul wie er prickelnder nicht sein könnte!

Laura Lee (geboren 1945 in Chicago und aufgewachsen in Detroit) landete schon in jungen Jahren in der Musiksparte, genauer gesagt beim Gospel, die junge Sängerin trat bei den himmlisch ausgerichteten, aber trotzdem ausserordentlich elektrisierenden Meditation Singers die Nachfolge der Musikgenre-Allrounderin und späteren Schauspielerin Della Reese an. Ab 1965 setzte Laura Lee parallel dazu auf eine Solo-Karriere die mehr dem irdischen R&B und dem damals modernen Soul zugetan war. 1967 wechselte die Shouterin zum Label Chess und nahm in den legendären FAME Studios in Muscle Shoals, Alabama den von Rick Hall produzierten Track „Dirty Man“ auf. Die Single die sich hinter den Platten der Konkurrentinnen Aretha Franklin oder Etta James keineswegs zu verstecken brauchte, belegte in den R&B-Charts einen bemerkenswerten dreizehnten Platz. Eine Reihe weiterer 7inches erzeugte danach keine grosse Resonanz, viele der Titel wurden aber später von der Bewegung Northern Soul wieder ausgegraben, respektive 1972 von Chess zusammengefasst und mit dem Love More Than Pride betitelten Longplayer auf den Markt geworfen, es war wohl der Versuch sich an den Erfolg der Single „Rip Off“ anzuhängen.

1969 bekam Laura Lee vom legendären Songwriter-Gespann Holland-Dozier-Holland eine Offerte und griff zu. Die drei hatten Tamla-Motown im Streit verlassen und ihr eigenes Label Hot Wax lanciert. Allerdings ohne die ehemaligen Interpreten ihrer Songs, die Supremes, Four Tops, Miracles oder Temptations waren vertraglich an die Firma von Berry Gordy gebunden und aus finanziellen Gründen so oder so nicht interessiert den goldenen Käfig freiwillig zu verlassen. Kommerziell betrachtet wurde Invictus / Hot Wax Records trotz feiner Künstlerpalette (Honey Cone, Flaming Ember, Laura Lee) und einigen Hits ein Reinfall, das Hauptproblem waren wohl die Vertriebskanäle die von Anfang an nicht funktionierten, Buddah Records konnte den Auftrag nicht zufriedenstellend abwickeln und als CBS übernahm war der Zug schon abgefahren. 1975 begaben sich Holland-Dozier-Holland nach einer aussergerichtlicher Einigung der alten Streitigkeiten zurück in den Schoss von Motown, der eigenen Record Company Hot Wax zogen sie 1977 den Stecker.

Von Laura Lee erschienen bei Hot Wax drei ausgezeichnete Alben die sich musikalisch zwischen Soul, R&B und Funk bewegten und weitab von Plüsch und Tüll hervorragende kleine Meisterwerke enthielten, inklusive Spokenword-Passagen die sich zu dramatischen Höhepunkten entwickeln konnten. Die Gebrüder Brian und Edward Holland und ihr Partner Lamont Dozier liessen sich dabei nicht lumpen, sie stellten mit ihrem Songwriterteam (u.a. William Weatherspoon der schon für Martha & The Vendellas, Marvelettes, Edwin Starr und unzählige andere tätig war) ein klasse Repertoire zusammen. Laura Lee wurde dabei als starke emanzipierte Frau präsentiert, die erste LP Woman’s Love Rights von 1971 kündigte das bereits im Titel an. Der von Weatherspoon verfasste Reisser „Rip Off“ (mit Stakkato/punkähnlichem Einstieg ganz am Anfang) von zweiten Album Two Sides Of Laura Lee (1972) brachte den ersehnten Erfolg, Laura Lee landete mit dem Song und ihrer messerscharfen Stimme auf Platz 3 der R&B-Hitprade. Ja, das war wirklich ausgezeichnete Black Music die da zusammengebraut worden war, die letzte, ein klein wenig abgesoftete LP I Can’t Make It Alone von 1974 bestätigte das.

Es ist schon erstaunlich, dass die mit einer ausserordentlichen Stimme gesegnete Laura Lee nachdem sie Hot Wax verlassen hatte keine weiteren nennenswerten Spuren mehr hinterliess (vielleicht auch besser, dass sie sich nie mit Discosound abgab), die zwei Gospelalben Anfang 80er waren auf alle Fälle weit weg von der Schärfe des Vortrages ihrer Blütezeit. Die Platten für Hot Wax und die Chess-Recordings kann ich aber uneingeschränkt empfehlen, das ist durchwegs aufregende, fantastisch pulsierende Black Music ohne Verfallsdatum.

LONG LIVE SOUL AND REAL R&B!
mellow

 


Woman’s Love Rights (Hot Wax, 1971)
1. Woman’s Love Rights
2. Wedlock Is A Padlock
3. I Don’t Want Nothing Old (But Money)
4. (Don’t Be Sorry) Be Careful If You Can’t Be Good
5. Love And Liberty
6. It’s Not What You Fall For, It’s What You Stand For
7. Since I Fell For You (Parts 1&2)
8. Two Lonely Pillows
9. That’s How Strong My Love Is
10. Her Picture Matches Mine


Two Sides Of Laura Lee (Hot Wax, 1972)
1. At Last (My Love Has Come Along)
2. Every Little Bit Hurts
3. Guess Who I Saw Today
4. Crumbs Off The Table
5. If You Can Beat Me Rockin‘ (You Can Have My Chair)
6. Workin’ And Lovin’ Together
7. Rip Off
8. When A Man Loves Aoman
9. You’ve Got To Save Me


Love More Than Pride
(Chess, 1972 / div. Japan-CD-Reissues)
1. Mama’s Got A Good Thing
2. Another Man’s Woman
3. It Ain’t What You Do (But How You Do It)
4. She Don’t Love You
5. It’s All Wrong, But It’s Allright
6. I Need To Belong To Someone
7. Dirty Old Man
8. But You Know I Love You
9. That’s How It Is
10. It’s How You Make It Good
11. Love More Than Pride


I Can’t Make It Alone
(1974, Invictus)
1. I Can’t Make It Alone
2. Don’t Leave Me  Starving For Your Love
3. We’ve Come Too Far To Walk Away
4. Every Little Bit Hurts
5. Crumbs Off The Table
6. I Need It Just As Bad As You
7. (If You Want To Try Love Again) Remember
8. Mirror Of Your Soul


Die drei Alben von Hot Wax gibt es von Edsel mit Bonustracks (2010, DoCD).
Hörenswert natürlich auch die HotWax-Compilation Supreme Soul Diva
von Harmless aus der Serie Backbeats (2012, 1 CD).

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