Eigentlich ist es unglaublich was die Small Faces auf ihrem ersten Album abfeuerten, es ist eines der elementaren Fundamente des Mod-Rock. Bei mir sprang der Funke auf Anhieb über als ich in den frühen Siebzigern zum ersten Mal die abgegriffene, knisternde Platte aus dem umfangreichen Sortiment meines Bruders auf den Plattenteller legte.
Die schossen aus allen zur Verfügung stehenden Rohren: Ungezügelter Rock, soulgetränkter, tiefschwarzer Rhythm & Blues, Lichtjahre entfernt vom hochgezüchteten Schönsingerpop der Beatles, dafür ganz nah bei Gleichgesinnten wie The Who. Das alles wurde gekrönt vom Gebrüll dieses mit elektrischer Gitarre bewehrten, nett drein blickenden Jungen namens Steve Marriott dessen Stimme ich bis heute regelrecht verfallen bin. Wahnsinn! Die Eröffnungsnummer „Shake“ blies mich um… mittendrin dieses für Sekundenbruchteile wie aus dem Nichts auftauchende federnde Gitarrenriff wie es später bei Status Quo tausendfach verwendet werden sollte. „Come On Children“, „Wat’cha Gonna Do About It“, „You Need Loving“ (die Nummer hatten Marriott und Co. bekanntlich bei Willie Dixon und Muddy Waters „You Need Love“ geklaut, ihr Arrangement wurde dafür im Gegenzug von Led Zeppelin für „Whole Lotta Love“ geraubt), allesamt ungehobelte Bretter für den Rockolymp. Powermässig ging es an die Grenzen, man begab sich jenseits der gängigen Midsixties-Studiotechnologie, manchmal glaubt man zu hören den Amps gehe gleich die Luft aus, kein Wunder gehörte die Truppe dann schon bald mal zu den ersten Marshall-Kunden.
Der Einfluss der frühen Small Faces sollte sich erst viel später offenbaren. Viele Songs der Band wurden zu Steilvorlagen für Punk- und Powerpopunternehmungen, kein Mod-Revival ohne Reminiszenzen an die Small Faces. Die Songs waren ruppig und relativ einfach zu spielen, liessen aber trotzdem Freiräume. Irgendwie ist das ein extrem resistentes und unvergängliches Kraut das damals ausgesät wurde.
LONG LIVE ROCK!
mellow
Small Faces – Same (LP, Decca, 1966 / diverse CD-Reissues)
1. Shake
2. Come On Children
3. You Better Believe It
4. It’s Too Late
5. One Night Stand
6. What’cha Gonna Do About It
7. Sorry She’s Mine
8. Own Up Time
9. You Need Loving
10. Don’t Stop What You Are Doing
11. E Too D
12. Sha La La La Lee
Small Faces:
Steve Marriott – Guitar, Lead Vocals
Ronnie Lane – Bass
Ian McLagan – Keyboards (er ersetzte 1966 Jimmy Winston)
Kenny Jones – Drums
Nachtrag:
Immer wieder verwirrend ist das 67er-Album From The Beginning das Decca den Small Faces hinterher warf nachdem sie zu Immediate gewechselt hatten. Da offenbar kein anderes Bildmaterial zur Verfügung stand, wurde für diesen (mehrheitlich aus Singles zusammengesetztem) Lumpensammler Fotos aus derselben Fotosession verwendet, deshalb die identischen Anzüge und dieselben Kreide-Smileys im Hintergrund. Unabhängig davon enthält die LP natürlich ebenfalls grossartiges Songmaterial, das Del-Shannon-Cover „Runaway“, „Hey Girl“ oder die unzerstörbare Granate „All Or Nothing“.