Mott

Ian Hunter hatte alles erreicht mit Mott The Hoople, gigantische Hits, Kohle und Rockstar-Ruhm und massenhaft Ehre. Irgendwann war er aber der stetigen Besetzungswechsel und Diskussionen überdrüssig geworden und so entschied er sich Ende ’74 für eine Solokarriere.

Für eine Band ist es meistens der Grund aufzuhören wenn der geistige Kopf der Unternehmung verloren geht, nicht so für Mott The Hoople. Fortan nannte man sich nur noch Mott, hatte allerdings ein grosses Problem da man keinen eigentlichen Sänger mehr im Angebot hatte. Und auf der Suche nach einem passenden Gitarristen war man ausserdem auch noch. Für erste Demo-Aufnahmen (The Gooseberry Sessions) nach dem Abgang von Hunter stellte sich Bassist Overend Watts hinters Mikro. Schnell war man sich einig, dass die Sache mit dem singenden Bassisten keine gute Lösung war. Brian Parrish (Parrish & Gurvitz) wurde getestet, Pete French (Cactus), aber schlussendlich überzeugte der junge, bislang unbekannte Engländer Nigel Benjamin. Den Job an der Gitarre bekam Ray Major der eigentlich Ray Smith hiess, er spielte zuvor bei Hackensack.

  

In der Besetzung Overend Watts (Bass), Nigel Benjamin (Lead Vocals, Guitar), Morgan Fisher (Keyboards, ehemals bei The Love Affair), Dale Griffin (Drums) und Ray Major (Guitar) wurde 1975 ein erstes Album, Drive On, welches für diese Zeit typischen Hardrock beinhaltete, eingespielt. „Monte Carlo“ war hier eines der Paradestücke, präsentierte in bretterhartem Umfeld und leicht queenbeeinflusst die glockenhelle Stimme Benjamins.

Nach intensivem Touren veröffentlichten Mott ein Jahr später die vor Energie strotzende Langrille Shouting & Pointing. Im Grunde eine Perle, aber die musikalische Landschaft hatte sich unterdessen gravierend verändert. Die Scheibe enthielt grossartige Songs, Kracher wie „Storm“, „Hold On You’re Crazy“, „Too Short Arms“ und das überwältigende „See You Again“ das, wenn es auf Single veröffentlicht worden wäre, garantiert ein Hit geworden wäre. Aber eben, im Vereinigten Königreich riss der Punk die Macht an sich und für herkömmlichen, klassischen Rock wurde die Luft dünn und dünner. Das bedeutete das Ende von Mott, sie lösten sich auf, tauchten aber in leicht veränderter Besetzung unter dem Namen British Lions ’78 nochmals auf der Szene auf.

Musikalische Nachlese:
Als The Paper Bags spielten Morgan Fisher, Overend Watts, Ray Major und Dale Griffin 1976 noch eine herrlich schräge, rock’n’rollige, mehrheitlich instrumentale Kristmas Kollection mit Weihnachtsliedern ein, siehe die Lumpensammler-CD The Gooseberry Sessions, sie enthält zudem die ersten Rehearsal-Demos von Mott. Fisher wurde danach immer durchgedrehter, er brachte 1983 beispielsweise eine seltsame, von Bhagwan Shree Rajneesh beeinflusste Platte namens Seasons mit Songs wie Zombies„Time Of The Season“ und „Coloured Rain“ von Traffic heraus. Ebenfalls bei Angel Air erschienen posthum noch mir unbekannte Live-Aufnahmen von Mott, ob sie Bootleg-Qualität besitzen oder einen gewissen Hörgenuss vermitteln können kann ich nicht sagen, ich bin vorsichtig geworden im Bereich nachgeschobener Live-Recordings.

   

Sag niemals nie: Mott The Hoople fanden 2009 und 2013 nochmals für zwei Reunions zusammen und liessen sich bei diesen Konzerten gehörig abfeiern, bei Mott hingegen stand nie eine erneute Zusammenkunft zur Diskussion.
Dale Griffin starb am 17. Januar 2016.
Overend Watts starb am 22. Januar 2017.

LONG LIVE ROCK!
mellow

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