Hildegard Knef – KNEF (1970)

Knef tippe ich ein ins Fenster der Suchfunktion hier im Rockzirkus-Blog.
Die Antwort der Blogsoftware kommt prompt, wie aus der Pistole geschossen, bestimmt und sachbezogen:

  Nichts gefunden.
  Es tut uns leid, aber wir haben nichts gefunden.
  Bitte versuche es erneut mit einem anderen Suchwort.

Merci liebe Suchmaschine, ich hatte mir fast gedacht, dass mein mitschreibender Blog-Partner noch keine Beiträge zu Hildegard Knef gespeichert hat. So brauche ich also nicht weiter zu forschen welche Meinungen oder Wertungen zu dieser Sängerin bereits abgegeben worden sind und kann mich stattdessen auf mein eigenes Geschreibsel konzentrieren.

Man könnte vermuten, dass der Rockzirkus der falsche Ort für eine Dame wie die Knef ist, aber ich denke sie hat der Nachwelt genügend Material hinterlassen das es verdient hier erwähnt zu werden, schliesslich habe ich mir ja mal auf die Fahne geschrieben mich um grossartige Musik zu kümmern und sie vor dem Vergessen zu bewahren.

Ja, warum nicht die Schauspielerin, Sängerin und Schriftstellerin Hildegard, sie hat wirklich tolle, witzige schräge aber auch nachdenkliche Texte geschrieben und sie auf unvergleichliche Art und Weise mit ihrer Nichtstimme interpretiert. Ella Fitzgerald hielt sie notabene für die „beste Sängerin ohne Stimme“, also wenn das mal keine Auszeichnung ist.

Das Album das ich empfehlen möchte ist KNEF von 1970, ein faszinierendes musikalisches Schaufenster das im Nachhinein gerne vergessen geht wenn es um die Aufzählung historisch wertvoller Tondokumente aus Deutschland geht. Die Schwärmer und schreibenden Nachlassverwalter für den damals  aufkeimende Krautrock und etwas später die Elektronikpioniere sprechen anderen, weniger radikalen Gewächsen jener Zeit gerne die Daseinsberechtigung ab. Gut, da waren noch die Folkies, sprich die Oberlehrer/Hippie/Sozialisten-Liedermacher, die retteten sich irgendwie auf eine eigene Insel, aber eine Chansonnière wie Hildegard war Ende 60er, Anfang 70er herum definitiv nicht mehr angesagt beim jungen Publikum.

KNEF bietet alles andere als hausbackene Chansons, nicht nur wegen Knefs pointierten Texten oder der Melodien, es ist auch der Komponist und Arrangeur Hans Hammerschmid der mit seinem Orchester für das noch immer begeisternde Soundbed sorgte, manchmal leicht funky psychedelisch, manchmal leichtfüssig, manchmal soft stampfend und trabend. Er verpasste den Songs eine fein dosierte und nie langweilig werdende Ladung Bläser und Streicher. Aber auch prägnante Basslinien, Gitarren jeglicher Couleur, elektrisch wie akustisch, jederzeit grenzüberschreitend, irgendwo zwischen den Eckdaten des Bereichs Pop, Folk, Beat, Easy Listening, Jazz, in diesem Sinne gar nicht mal so weit entfernt von Arrangements wie man sie bei Serge Gainsbourg finden kann. Über alledem die schwebende Stimme von Hildegard Knef.

Ob man nun am spannenden und mitreissenden 6-minütigen Bigband-Orchesterprog von „Friedenskampf und Schadenfreude“ hängen bleibt oder am beschwingten „Tapetenwechsel“, KNEF ist durchs Band eine schillernde Liedersammlung in 12 Etappen die, nachdem sie erschienen war, zu Unrecht ein Mauerblümchendasein fristete. KNEF würde ich als Ausgangspunkt empfehlen wenn man die Diva erkunden möchte, es ist von hier aus nur ein Katzensprung zurück zu „In dieser Stadt“ und  „Von nun an ging’s bergab“ oder zu ihren Live-Alben der 60er und nur ein kleiner Schritt zum nächsten Album Worum geht’s hier eigentlich? das mehrheitlich von Les Humphries betreut wurde.

So, irgendwie musste dieser Artikel sein, er beruhigt mein Gewissen und wenn man nun im Fenster der Suchfunktion die Buchstabenkombination KNEF eingibt, dann landet man exakt hier. Und ich denke das ist gut so, diesen Eintrag hat sich diese grossartige Künstlerin zu Recht verdient.

mellow


KNEF (LP, Stern Musik/Decca, 1970 / CD, Warner, 2005)
1. Wieviel Menschen waren glücklich, dass du gelebt?
2. Schwertfisch
3. Ich brauch‘ Tapetenwechsel
4. Insel meiner Angst
5. Elvira O.
6. Friedenskampf und Schadenfreude
7. Liebe auf den hundertsten Blick
8. Mein Zeitbegriff
9. Der Tag holt Luft
10. Im 80. Stockwerk
11. Die Herren dieser Welt
12. Eisblumen

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